Leitsatz
Die Parteien stritten noch um die Kosten aus einem Scheidungsverbundverfahren.
Im Scheidungsverfahren hatte der Antragsgegner Ehegattenunterhalt geltend gemacht. Nach übereinstimmender Erledigungserklärung hinsichtlich des Auskunftsanspruchs nahm er später den zunächst von ihm gestellten Zahlungsantrag zurück. Die Ehe wurde geschieden Der Versorgungsausgleich ausgesetzt. Das AG hat die Kosten der Ehesache dem Antragsgegner zu 80 %, der Antragstellerin zu 20 % auferlegt.
Gegen diese Kostenentscheidung hat der Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt, die vom KG als unzulässig verworfen wurde. Nach § 99 Abs. 1 ZPO sei eine Anfechtung der Kostenentscheidung nur zulässig, wenn in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt werde. Dies gelte auch für die Kostenentscheidung nach § 93a ZPO.
Gegen die Entscheidung des KG richtete sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
Das Rechtsmittel war erfolgreich.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Der BGH teilte die Auffassung der Vorinstanz insoweit, als nach § 99 Abs. 1 ZPO die Anfechtung der Kostenentscheidung zwar grundsätzlich unzulässig sei, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt werde. Von diesem Grundsatz sehe das Gesetz allerdings für Fälle, in denen die betreffende Hauptsache - auch unabhängig von der Beschwer - nicht mehr angefochten werden könne, Ausnahmen vor.
Danach könne die Kostenentscheidung in wenigen Ausnahmefällen isoliert angefochten werden, etwa wenn die Hauptsache durch eine aufgrund eines Anerkenntnisses ausgesprochene Verurteilung erledigt sei, wenn die Parteien die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt hätten oder wenn die Klage wirksam zurückgenommen worden sei. Gleiches gelte für die Kostenentscheidung in einer Ehesache, wenn der Scheidungsantrag wirksam zurückgenommen worden sei. Diese im Gesetz geregelten Fälle einer isolierten Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung beschränkten sich allerdings auf Konstellationen, in denen nicht mehr über die Hauptsache zu entscheiden und diese deswegen - unabhängig von der Höhe der Beschwer - auch nicht mehr anfechtbar sei.
Im vorliegenden Fall hatte das AG keine Entscheidung zum Unterhalt getroffen, der Antragsgegner hatte vielmehr seinen diesbezüglichen Antrag vorher zurückgenommen. Hätte er isoliert Klage auf Zahlung von Unterhalt erhoben und diese zurückgenommen, hätte das erstinstanzliche Gericht eine isolierte Kostenentscheidung getroffen und damit die Möglichkeit bestanden, diesen Beschluss anzufechten gem. § 269 Abs. 5 ZPO.
Der BGH verwies auf seine ständige Rechtsprechung, nach der bei teilweiser Klagerücknahme, teilweiser Erledigung oder teilweisem Anerkenntnis ebenfalls eine isolierte Anfechtbarkeit dieses Teils der insgesamt einheitlichen, sog. gemischten Kostenentscheidung gegeben sei. Zur notwendigen Aufgliederung der angefochtenen Kostenentscheidung in den wegen Anerkenntnis, Erledigtenerklärung oder Klagerücknahme anfechtbaren und den übrigen Teil sei das Gericht regelmäßig in der Lage. Dasselbe gelte für die einheitliche Kostenentscheidung im Ehescheidungsverbund. § 93a ZPO bilde eine Sonderregelung gegenüber §§ 91 und 92 ZPO. Hinsichtlich der Ehesache, dem Versorgungsausgleich und dem Sorge- und Umgangsrecht seien Obsiegen und Unterliegen kein geeigneter Maßstab für die Kostenentscheidung, anderes gelte in den Folgesachen Kindes-, Ehegattenunterhalt sowie Güterrecht. Deshalb sei schon grundsätzlich der Erfolg dieser Anträge im Rahmen der Ermessensentscheidung im Scheidungsverbund zu berücksichtigen. Dasselbe gelte, wenn ein solcher Antrag anerkannt, für erledigt erklärt oder zurückgenommen werde.
Der BGH hat weiter ausgeführt, dass es dem Beschwerdegericht im Rahmen der Überprüfung lediglich gestattet sei, Ermessensfehlgebrauch und Ermessensüberschreitung durch das erstinstanzliche Gericht zu überprüfen. Fehlerhaft sei es hingegen, wenn für die bei § 93 ZPO vorzunehmende Ermessensabwägung das Zweitgericht darüber hinaus die eigenen Maßstäbe anwende und darauf gestützt die erste Entscheidung ändere.
Hinweis
Die Kosten des Ehescheidungsverfahrens werden in der Regel gegeneinander aufgehoben. Dies gilt auch dann, wenn Folgeanträge zu Unterhalt und Zugewinnausgleich gestellt werden. Weicht ein Gericht von der Kostenaufhebung ab und wird das Ergebnis in der Hauptsache akzeptiert, so besteht möglicherweise bei einer Partei der Wunsch, wenigstens den Versuch zu unternehmen, die Kostenentscheidung zu eigenen Gunsten abgeändert zu bekommen.
Ohne Rechtsmittel in der Hauptsache ist dies nur dann möglich, wenn der entsprechende Folgeantrag anerkannt, für erledigt erklärt oder zurückgenommen würde. Für diese Fälle hat der BGH ein Anfechtungsrecht zugestanden.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 28.02.2007, XII ZB 165/06