ZPO § 121 Abs. 3 RVG § 48 Abs. 1
Leitsatz
- Die Vergütung eines beigeordneten Rechtsanwalts bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet ist (im Anschluss an BAG v. 18.7.2005 – 3 AZB 65/03 – AP Nr. 3 zu § 121 ZPO).
- Im Rahmen der Kostenfestsetzung besteht eine Bindung an den Beiordnungsbeschluss.
- In dem Stellen eines Beiordnungsantrags eines nicht ortsansässigen Rechtsanwalts liegt kein stillschweigender Verzicht auf die Erstattung von Reisekosten.
LAG Nürnberg, Beschl. v. 25.3.2013 – 5 Ta 53/12
1 Sachverhalt
Mit Beschluss des ArbG wurde der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und ein nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt beigeordnet. Der Bewilligungsbeschluss enthält keine Einschränkungen.
Mit Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle wurde die dem Rechtsanwalt der Klägerin aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf 896,43 EUR festgesetzt. Darin enthalten sind Fahrtkosten für Kfz-Benutzung (448 km Hin- und Rückweg) und Tage- und Abwesenheitsgeld (Abwesenheit von mehr als vier bis acht Stunden) in Höhe von 201,59 EUR.
Gegen diesen Vergütungsfestsetzungsbeschluss hat die Landeskasse Erinnerung insoweit eingelegt, als dem beigeordneten Anwalt Fahrtkosten aus der Staatskasse erstattet wurden. Eine Beiordnung hätte nur unter dem Verzicht auf Reisekosten erfolgen dürfen; ein solcher Verzicht sei im Beiordnungsantrag zu sehen.
Der Erinnerung der Staatskasse hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle nicht abgeholfen. Die Beiordnung des Anwaltes sei ohne Einschränkung erfolgt. Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur kostengünstigen Rechtsverfolgung könne nicht erst vom Urkundsbeamten im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 Abs. 1 RVG berücksichtigt werden; vielmehr bestehe eine Bindung an den Beiordnungsbeschluss.
Das ArbG hat die Erinnerung der Staatskasse als unbegründet zurückgewiesen. Der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts bestimme sich gem. § 48 Abs. 1 RVG nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden sei. Im Vergütungsfestsetzungsverfahren sei der Beiordnungsbeschluss als Kostengrundentscheidung bindend und einer materiell-rechtlichen Überprüfung entzogen. Die – versehentliche – Nichtbeachtung der Bestimmung des § 121 Abs. 3 ZPO bei der Beiordnung des Rechtsanwalts durch das ArbG sei für die Frage der Vergütungsfestsetzung ohne Bedeutung.
Der sofortigen Beschwerde der Staatskasse hat das ArbG nicht abgeholfen, sondern die Sache LAG zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die zulässige Beschwerde der Staatskasse ist unbegründet.
Auch die Beschwerdekammer folgt der Auffassung des ArbG und macht sich dessen Erwägungen zu eigen.
Die Vergütung eines beigeordneten Rechtsanwalts bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist (§ 48 Abs. 1 RVG).
Nach § 121 Abs. 3 ZPO kann ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Da eine Zulassung bei einem Gericht für Arbeitssachen nicht möglich ist, kann § 121 Abs. 3 ZPO in arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht unmittelbar angewendet werden. Jedoch ordnet § 11a Abs. 3 ArbGG die "entsprechende" Anwendung der Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe an. Sie sind deshalb ihrem Sinn nach auf das arbeitsgerichtliche Verfahren zu übertragen, soweit eine unmittelbare Anwendung nicht in Betracht kommt. Das bedeutet, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren statt auf die Zulassung des Rechtsanwalts bei einem bestimmten Gericht auf seine Ansässigkeit am Ort des Gerichts abzustellen ist. Die Beiordnung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten kann deshalb lediglich erfolgen, wenn dadurch zusätzliche Kosten nicht entstehen (BAG v. 18.7.2005 – 3 AZB 65/03 – AP Nr. 3 zu § 121 ZPO).
Die Vermeidung zusätzlicher Kosten ist Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Beiordnung. Die Erfüllung dieser Voraussetzung kann das Gericht auch von Amts wegen in den Beiordnungsbeschluss aufnehmen. Ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt kann der Partei auf Antrag beigeordnet werden, wenn dadurch höhere Kosten für die Staatskasse nicht entstehen. Das ist der Fall, wenn der Rechtsanwalt gegenüber dem Gericht erklärt, zu den Bedingungen eines im Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts tätig zu werden (BAG v. 18.7.2005, a.a.O., Rn 12).
Von einem stillschweigenden Verzicht durch das Stellen eines Beiordnungsantrags eines nicht ortsansässigen Rechtsanwalts kann nicht ausgegangen werden (a.A. LAG München NZA-RR 2010, 378). Vielmehr muss ein Rechtsanwalt ausdrücklich auf die Erstattung bestimmter Auslagen verzichten, um als nicht ortsansässiger Rechtsanwalt einer Partei im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung beigeordnet zu werden (so wohl auch: BAG v. 18.7.2005, a.a.O., Rn 13). Ordnet damit das Gericht einen Rechtsanwalt uneingeschränkt bei, so steht für das Vergütungsfestset...