FamGKG §§ 36, 59 KostO § 46 Abs. 4 RVG § 32 Abs. 2
Leitsatz
Der Wert eines Verfahrens auf familiengerichtliche Genehmigung der Ausschlagung einer Erbschaft beträgt bei Überschuldung des Nachlasses wegen des gem. § 36 FamGKG i.V.m. § 46 Abs. 4 KostO festgeschriebenen Schuldenabzugs 0 EUR.
OLG München, Beschl. v. 6.11.2012 – 4 WF 1441/12
1 Sachverhalt
Die Beschwerdeführer zu 1) und 2) hatten durch ihren Verfahrensbevollmächtigten die Genehmigung der Ausschlagung der ihnen angefallenen Erbschaft gem. § 1643 BGB beantragt.
Der vom Gericht bestellte Verfahrensbeistand regte an, die Ausschlagung der Erbschaft familiengerichtlich zu genehmigen. Die Kindesmutter schließe Aktiva des Nachlasses aus. Die Erbschaft sei deutlich überschuldet. Es seien keinerlei Anhaltspunkte für eine Werthaltigkeit der Erbschaft vorhanden. Zudem bestanden noch Verbindlichkeiten für das Renovieren, Entrümpeln der Wohnung sowie Schadensersatz.
Das AG hat die notariell erklärte Ausschlagung der Erbschaft daraufhin familiengerichtlich genehmigt. Zugleich setzte es den Verfahrenswert auf 0,00 EUR fest. Die Festsetzung beruhe auf § 36 FamGKG. Da der Nachlass überschuldet sei, werde der Verfahrenswert auf 0,00 EUR festgesetzt. Dagegen legte der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführer in eigenem Namen und im Namen der Kinder Beschwerde ein.
Die Beschwerden hatten keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
1. Die Beschwerde der Beschwerdeführer zu 1) und 2) gegen die Festsetzung des Verfahrenswerts gem. § 59 FamGKG ist nicht zulässig. Die beiden Beschwerdeführer sind durch die Festsetzung eines Verfahrenswerts von 0,00 EUR nicht beschwert.
2. Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten hingegen ist zulässig. Gem. § 32 Abs. 2 kann er aus eigenem Recht Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Der Beschwerdewert ergibt sich aus dem üblichen Gebührenunterschied der Instanz, und zwar bei einem Beteiligten aufgrund der Gerichtskosten und der insgesamt von den Antragstellern dem eigenen Anwalt zu zahlenden Gebühren (vgl. OLG Karlsruhe JurBüro 2005, 543 [= AGS 2006, 30] sowie VGH Baden-Württemberg MDR 1996, 609).
3. Gegenstand des Verfahrens war gem. § 1643 BGB die familiengerichtliche Genehmigung der Ausschlagung der den minderjährigen Kindern angefallenen Erbschaft nach ihrem verstorbenen Vater. Hintergrund für die Ausschlagung war die Überschuldung des Nachlasses.
In dieser vermögensrechtlichen Angelegenheit bemisst sich der Verfahrenswert gem. § 36 Abs. 1 S. 1 FamGKG nach dem Wert des zugrunde liegenden Geschäfts, hier also nach dem Wert der Erbschaftsausschlagungserklärungen.
§ 36 Abs. 1 S. 2 FamGKG verweist auf § 46 Abs. 4 KostO. In dieser Bestimmung ist der Grundsatz des Schuldenabzugs festgeschrieben, vgl. Göttlich/Mümmler, KostO, 14. Aufl., Stichwort "Ausschlagung einer Erbschaft", sowie Kommentar zum FamGKG/Thiel, § 36 Rn 6 u. 7.
Der Wert des überschuldeten Nachlasses ist daher mit 0,00 EUR anzusetzen.
Dies gilt unter dem Gesichtspunkt der Zusammenrechnung nach § 33 FamGKG auch für mehrere Ausschlagungserklärungen hinsichtlich eines überschuldeten Erbteils, da man jeden Erbteil für sich auch nur mit 0,00 EUR ansetzen muss.
3 Anmerkung
Wenn in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit Gegenstand des Verfahrens die Genehmigung einer Erklärung oder deren Ersetzung ist, bemisst sich der Verfahrenswert nach dem Wert des zugrunde liegenden Geschäfts. § 18 Abs. 3, die §§ 19 bis 25, 39 Abs. 2, § 40 Abs. 2 und § 46 Abs. 4 KostO gelten entsprechend. Während nach § 36 Abs. 1 S. 2 FamGKG einerseits das Schuldenabzugsverbot des § 18 Abs. 3 KostO von der Verweisung selbst dann erfasst ist, wenn Gegenstand des Geschäfts ein Nachlass ist, will der Gesetzgeber, insoweit Verfügungen von Todes wegen betroffen sind, das Schuldenabzugsgebot berücksichtigt wissen. Auf die für Erbausschlagungen maßgebliche Vorschrift (§ 112 KostO), die den Geschäftswert nach Abzug der Verbindlichkeiten vom Nachlass bemisst, verweist § 36 Abs. 1 S. 1 FamGKG nicht, sodass auch dogmatisch dahingehend argumentiert werden könnte, dass § 46 Abs. 4 KostO gar nicht einschlägig sei. Diese Auslegung wäre allerdings nur von kurzer Dauer, weil die KostO zum 1.8.2013 aufgehoben wird und § 36 Abs. 1 S. 2 FamGKG zukünftig nicht mehr auf bestimmte, sondern auf alle für eine Beurkundung geltenden Verfahrensvorschriften des neuen, die KostO ersetzenden, GNotKG und deshalb auch auf § 103 GNotKG verweist, wonach bei Erbausschlagungen ein Schuldenabzug wie bisher in voller Höhe erfolgen soll, um überschuldeten Nachlässen Rechnung zu tragen.
Dies hat zur Folge, dass in diesen Fällen der Geschäftswert rechnerisch häufig nur 0,00 EUR beträgt oder negativ zu bemessen wäre. Daraus folgt allerdings nicht, dass derartige Tätigkeiten trotz Fehlens eines wirtschaftlichen Werts weder kostenfrei sein sollen noch die Mindestgebühr auslösen. Vielmehr lösen die Tätigkeiten die sich aus der niedrigsten Wertstufe ergebende Gebühr aus, sodass der Verfahrenswert nach § 36 Abs. 1 FamGKG auch nicht mit 0 EUR, sondern mit 500,00 EUR zu bemessen sein dürfte, selbst wenn bei dem mit 0 EUR i...