Dass viele Anwälte nicht ordnungsgemäß abrechnen können, ist nichts Neues. Insbesondere der Unterschied zwischen einem Vorschuss und einer Rechnung ist vielen Anwälten leider nicht geläufig. Darüber hinaus besteht der Irrtum, ein Anwalt könne jederzeit Teil- oder Zwischenabrechnungen erteilen.

Viele Anwälte verkennen dabei die verschiedenen Stadien des Vergütungsanspruchs:

Mit Erteilung des Auftrags und Erfüllung des jeweiligen Gebühren- oder Auslagentatbestands entsteht die Vergütung des Anwalts.
Fällig wird die Vergütung dagegen erst, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist oder wenn im gerichtlichen Verfahren eine Kostenentscheidung ergeht, der Rechtszug beendet ist oder die Sache mehr als drei Monate ruht (§ 8 RVG).
Einforderbar wiederum wird die Vergütung erst, wenn nach Fälligkeit eine ordnungsgemäße Rechnung erteilt worden ist (§ 10 RVG).

Die Unkenntnis dieser einzelnen Stadien rächt sich in der Praxis, zumal der Anwalt sich dann auch nicht darauf verlassen kann, dass die Rechtsprechung richtig oder einheitlich urteilt.

In dem in diesem Heft abgedruckten Fall des AG Berlin-Lichtenberg hatte der Anwalt eine "Rechnung" vor Fälligkeit geschrieben und diese dann nach Abtretung durch den Zessionar einklagen lassen. Das Gericht war zu Recht der Auffassung, dass eine vor Eintritt der Fälligkeit geschriebene Kostennote, selbst wenn sie als "Rechnung" bezeichnet werde, tatsächlich und rechtlich ein Vorschuss sei. Da nach Abschluss eines Mandats aber aus einem Vorschuss nicht mehr vorgegangen werden kann, sondern der Anwalt zunächst einmal eine Schlussrechnung schuldet, hat das Gericht die Klage mangels ordnungsgemäßer Rechnung abgewiesen.

Insoweit hat es dem Anwalt auch nichts geholfen, dass er im Nachhinein erklärt hat, keine weiteren Vergütungsansprüche geltend zu machen, und darüber hinaus erklärt hat, die Vorschussnote solle als Schlussrechnung betrachtet werden. Er hätte besser tatsächlich eine Schlussrechnung erstellt. Gelegenheit genug hatte er, nachdem das Gericht einen ausdrücklichen Hinweis erteilt hatte.

Diese Entscheidung ist insoweit zutreffend, als vor Eintritt der Fälligkeit eine Rechnung nicht geschrieben werden darf (siehe § 10 RVG). Eine anders lautende Bezeichnung macht einen Vorschuss nicht zur Rechnung. Es bleibt vielmehr ein Vorschuss. Zutreffend war es daher, die Klage abzuweisen, da keine ordnungsgemäße Rechnung nach § 10 RVG vorlag.

In einem anderen Fall hatte das OLG Köln (AGS 2009, 525) – wiederum zu Lasten des Anwalts – anders entschieden. Dort hatte der Anwalt ebenfalls unmittelbar nach Beginn des Mandats eine "Kostenrechnung" geschrieben und eine 1,3-Geschäftsgebühr abgerechnet. Später hat er dann nach Beendigung des Mandats einen höheren Gebührensatz, der durchaus angemessen war, abrechnen wollen. Das Gericht hat ihn an seiner Bestimmung nach § 315 BGB festgehalten. Ob der Anwalt zu diesem Zeitpunkt eine Rechnung habe erstellen dürfen, hat das Gericht offen gelassen; jedenfalls habe der Anwalt eine Rechnung erteilt und sei daher an das von ihm ausgeübte Ermessen gebunden.

Wie man es macht, macht man es also verkehrt.

Will ein Anwalt aus einer verfrühten "Rechnung" klagen, gilt sie als Vorschuss und damit nicht als ausreichende Grundlage für eine Klage.

Will ein Anwalt jedoch den Gebührensatz einer vorzeitig erteilten "Rechnung" abändern, dann wird aus dem Vorschuss doch eine Rechnung, die den Anwalt bindet.

Bei alledem darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass der Anwalt sich dieses "Dilemma" selbst zuzuschreiben hat.

Wer sich schlicht und einfach an das Gesetz hält, dem kann nichts passieren. Wer jedoch meint, das Gesetz gelte für ihn nicht, der darf sich dann nicht beschweren, wenn solche Entscheidungen ergehen.

Autor: Norbert Schneider

Norbert Schneider

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?