Eine Anrechnung hat zu unterbleiben.
Der Senat hat bereits wiederholt entschieden, dass in Fällen, bei denen Anwaltskosten der vorgerichtlichen Vertretung mit eingeklagt sind, der Beklagte bei Abschluss eines Prozessvergleichs für eine eindeutige Regelung sorgen muss, dass diese Kosten in die Vergleichssumme einbezogen sind. Dabei muss auch der Umfang der Einbeziehung bestimmt werden (vgl. zuletzt Senatsbeschl. v. 18.11.2013 – 14 W 634/13, AGS 2014, 43 = Rpfleger 2014, 109 = JurBüro 2014, 134 = NJW-Spezial 2014, 28 = RVGprof. 2014, 57).
Im vorliegenden Fall war die Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Vertretung nicht Gegenstand des Klageentwurfs, der dem PKH-Antrag beilag. Schon von daher liegt die Annahme fern, die Parteien hätten erwogen, dass der im Vergleich vereinbarte Zahlbetrag auch Kosten der vorgerichtlichen Vertretung abgelten sollte.
Das gilt erst Recht angesichts der Tatsache, dass der eingehend und sorgfältig begründete Vergleichsvorschlag des Gerichts keinerlei Anhalt dafür bietet, mit dem von der Einzelrichterin vorgeschlagenen Zahlbetrag sollten auch Anwaltskosten der vorgerichtlichen Vertretung des Pflichtteilsberechtigten abgegolten werden. Das nunmehr virulente Problem ist seinerzeit weder vom Gericht noch von den Beteiligten und ihren Anwälten gesehen worden. Dementsprechend lautet die Vergleichsvereinbarung auch dahin, dass mit der Zahlung der Erbin die Ansprüche des Pflichtteilsberechtigten "aus dem Erbfall" abgegolten sein sollen. Bei dem anwaltlichen Gebührenanspruch für die vorgerichtliche Vertretung des Anspruchstellers handelt es sich indes nicht um einen Anspruch aus dem Erbfall, sondern um einen solchen aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Pflichtteilsberechtigten und seinem Anwalt.
Zu Recht hat die Anspruchsgegnerin daher auch nicht behauptet, sie könne sich wegen Vorliegens eines Vollstreckungstitels (§ 15a Abs. 2, 2. Alt. RVG) auf die Anrechnung berufen. Das hat die Rechtspflegerin noch richtig erkannt.
Durch den nachfolgenden Einwand, die Geschäftsgebühr sei von der Erbin erfüllt, weil Rechtsanwalt P. den an ihn geleisteten Vergleichsbetrag vor dessen Weiterleitung an den Mandanten gekürzt habe, indem er die Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Vertretung einbehielt, hat die Rechtspflegerin sich in die Irre leiten lassen.
Die Erbin schuldete den vereinbarten Zahlbetrag ausschließlich zur Erfüllung des Anspruchs ihres Bruders auf den Pflichtteil. Nur dieser Anspruch konnte daher durch die Zahlung erfüllt werden (§ 362 BGB).
Rechtsanwalt P. musste das vereinnahmte Geld an seinen Mandanten ungekürzt herausgeben (§§ 675 Abs. 1, 667 BGB). In dem Einbehalt der noch offenen, vom eigenen Mandanten geschuldeten Geschäftsgebühr lag daher – Fälligkeit der Vergütung unterstellt (§ 8 RVG) – der Sache nach eine (Teil-)Aufrechnung gegenüber dem Zahlungsanspruch des Mandanten aus § 667 BGB.
Daraus erschließt sich, dass nicht die Anspruchsgegnerin, sondern der Anspruchsteller selbst den Gebührenanspruch seines Anwalts "erfüllt" hat i.S.v. § 15a Abs. 2, 1. Alt. RVG. Eine Anrechnung hat daher zu unterbleiben.
Mitgeteilt von RiOLG Ernst Weller, Koblenz