Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr bei Vergleich im PKH - Bewilligungsverfahren mit alsbaldiger Zahlung der Hauptforderung an den Prozessbevollmächtigten des Gläubigers
Leitsatz (amtlich)
Ist die Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Vertretung nicht Gegenstand des PKH - Antrages und schließen die Beteiligten im PKH - Bewilligungsverfahren einen Vergleich zur Abgeltung der Hauptforderung, führen die anschließende Zahlung des Vergleichsbetrages an den Gläubigerbevollmächtigten und dessen Einbehalt der Geschäftsgebühr vor Weiterleitung des Restes an den Mandanten nicht zur Anrechnung dieser Gebühr auf die Verfahrensgebühr.
Normenkette
RVG §§ 8, 15a Abs. 2; RVG-VV Nr. 3335; RVG-VV Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 S. 1; ZPO § 118; BGB §§ 362, 387, 667, 675 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Beschluss vom 20.02.2014; Aktenzeichen 3 O 170/13) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Anspruchstellers wird das LG Bad Kreuznach angewiesen, seinen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.2.2014 dahin zu ergänzen, dass zugunsten des Rechtsmittelführers die Verfahrensgebühr des Rechtsanwalts A. P. ohne Anrechnung der vermeintlich auf die Geschäftsgebühr geleisteten Zahlung der Anspruchsgegnerin festgesetzt wird nach Maßgabe der Kostenvereinbarung der Beteiligten in dem gerichtlichen Vergleich vom 10.9.2013.
2. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Anspruchs- gegnerin nach einem Beschwerdewert von 584,71 EUR (86 % von 679,90 EUR) zu tragen.
Gründe
Die Parteien streiten über die Anrechnung der Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Vertretung des Anspruchstellers auf die Verfahrensgebühr. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Anspruchsteller bat nach erfolglosen außergerichtlichen Verhandlungen um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Stufenklage zur Durchsetzung seines Pflichtteils gegen die Anspruchsgegnerin, seine Schwester, die von der Mutter der Parteien testamentarisch zur Alleinerbin bestimmt worden war. Eine Geschäfts- gebühr für die vorgerichtliche Vertretung war nicht Gegenstand des Klageentwurfs.
Einer Anregung der Einzelrichterin folgend schlossen die Parteien im PKH - Verfahren einen Vergleich. Eine Entscheidung über den PKH - Antrag unterblieb, nachdem die Richterin mitgeteilt hatte, sie werde den Antrag mangels Bedürftigkeit ablehnen.
Der Vergleich verpflichtete die Erbin, zur Abgeltung aller gegenseitigen Ansprüche der Parteien "aus dem Erbfall der Frau Therese K." an ihren Bruder 43.700 EUR zu zahlen. Von den Verfahrenskosten einschließlich des Vergleichs übernahm der Antragsteller 14 %, die Erbin 86 %.
Den noch offenen Betrag zahlte die Erbin alsbald an den Verfahrensbevollmächtigten des Anspruchstellers. Rechtsanwalt P. behielt unstreitig von dem Zahlbetrag die Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Vertretung ein und leitete den Rest an seinen Mandanten weiter.
Der Einbehalt der Geschäftsgebühr veranlasste die Erbin gegenüber der zur Kostenausgleichung angemeldeten Verfahrensgebühr (3335 VV - RVG) zu dem Einwand, durch die Zahlung des Vergleichsbetrages und den Einbehalt sei die Geschäftsgebühr (2300 VV - RVG) erfüllt i.S.v. § 15a Abs. 2 erste Alternative RVG, so dass der Anspruchsteller sich auf die Verfahrensgebühr eine 0,65 Geschäftsgebühr anrechnen lassen müsse (Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV - RVG).
Dem ist die Rechtspflegerin gefolgt und hat die Verfahrensgebühr (3335 VV - RVG) um eine 0,65 Geschäftsgebühr gekürzt.
Dagegen wendet sich die zulässige sofortige Beschwerde mit Erfolg. Eine Anrechnung hat zu unterbleiben.
Der Senat hat bereits wiederholt entschieden, dass in Fällen, bei denen Anwaltskosten der vorgerichtlichen Vertretung mit eingeklagt sind, der Beklagte bei Abschluss eines Prozessvergleichs für eine eindeutige Regelung sorgen muss, dass diese Kosten in die Vergleichssumme einbezogen sind. Dabei muss auch der Umfang der Einbeziehung bestimmt werden (vgl. zuletzt OLG Koblenz vom 18.11.2013 - 14 W 634/13, in AGS 2014, 43 = Rpfleger 2014, 109 - 110 = JurBüro 2014, 134 = NJW - Spezial 2014, 28 - 29 = Prozessrecht aktiv 2014, 39 = RVG professionell 2014, 57 - 58 = ZAP EN-Nr. 18/2014).
Im vorliegenden Fall war die Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Vertretung nicht Gegenstand des Klageentwurfs, der dem PKH - Antrag beilag. Schon von daher liegt die Annahme fern, die Parteien hätten erwogen, dass der im Vergleich vereinbarte Zahlbetrag auch Kosten der vorgerichtlichen Vertretung abgelten sollte.
Das gilt erst Recht angesichts der Tatsache, dass der eingehend und sorgfältig begründete Vergleichsvorschlag des Gerichts vom 28.8.2013 keinerlei Anhalt dafür bietet, mit dem von der Einzelrichterin vorgeschlagenen Zahlbetrag sollten auch Anwaltskosten der vorgerichtlichen Vertretung des Pflichtteilsberechtigten abgegolten werden. Das nunmehr virulente Problem ist seinerzeit weder vom Gericht noch von den Beteiligten und ihren Anwälten gesehen worden. Dementsprechend lautet die Vergleichsvereinbarung auc...