Leitsatz
- Der Beitritt des Streithelfers und dessen von der Hauptpartei abweichendes wirtschaftliches Interesse haben keinerlei Auswirkungen auf den Gerichtskostenstreitwert (Anschluss OLG Celle, Beschl. v. 3.3.2011 – 13 W 129/10). Entscheidend für die Bestimmungen des Streitwertes für die Gerichtsgebühren ist allein der Wert des Streitgegenstands (§ 3 GKG), der von den Anträgen der Hauptparteien bestimmt wird.
- Die Gebühren für die anwaltliche Tätigkeit richten sich dann nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wert und sind gesondert festzusetzen, wenn sich die Tätigkeit der Rechtsanwälte der Streithelfer nicht auf die Klageforderung insgesamt bezieht, sondern auf etwaige Ansprüche der Hauptpartei gegen den Streithelfer auf Schadloshaltung im Falle des Unterliegens.
OLG Rostock, Beschl. v. 22.9.2014 – 7 W 36/13
1 Sachverhalt
Die Kläger haben die Beklagten zu 1) und 2) auf Kostenvorschuss und Schadenersatz wegen behaupteter Baumängel bzw. Planungsmängel und Bauüberwachungsfehler bei der Errichtung eines Einfamilienhauses in Anspruch genommen. Der Beklagte zu 2), der teilweise mit der Bauplanung und Bauüberwachung beauftragt worden war, hat dem Nebenintervenienten zu 1), dem die Lieferung und Montage der Fenster und Türen oblag, und der Nebenintervenientin zu 2), der die Lieferung und Montage des Dachstuhls oblag, den Streit verkündet. Die Nebenintervenienten sind dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten zu 2) beigetreten und haben sich dem Klagabweisungsantrag des Beklagten zu 2) angeschlossen.
Das LG hat im Tenor des Urteils den Streitwert einheitlich auf 48.211,85 EUR festgesetzt.
Hiergegen wenden sich die Kläger und beantragen, den Streitwert der Nebenintervenienten wegen des geringeren wirtschaftlichen Interesses gesondert festzusetzen, und zwar auf Grundlage des zunächst geschätzten für die Mängelbeseitigung erforderlichen Vorschusses für das Gewerk des Nebenintervenienten zu 1) auf 15.000,00 EUR und für das Gewerk der Nebenintervenientin zu 2) auf 5.000,00 EUR.
Das LG hat den Antrag auf gesonderte Festsetzung des Streitwertes für die Nebenintervenienten zurückgewiesen und hierzu ausgeführt, der Antrag auf gesonderte Festsetzung sei unstatthaft. Im Übrigen sei der Antrag im Falle der Behandlung als Streitwertbeschwerde jedenfalls unbegründet, da der Streitwert in Fällen, in denen – wie vorliegend – der Streitgegenstand zwischen Hauptpartei und beigetretenem Nebenintervenienten identisch sei und sich die Nebenintervenienten dem Antrag der Hauptpartei anschließen, identisch sei mit dem des Hauptprozesses. In Bezug auf die nach Auffassung der Kammer mit dem Antrag konkludent eingelegte Streitwertbeschwerde hat das LG die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Da nach Auffassung des Senats die von den Klägern beantragte gesonderte Festsetzung des Streitwerts sich nicht gegen die Streitwertfestsetzung i.S.d. GKG richtet, ist die Sache zunächst an das LG zurückgesandt worden mit der Bitte, den Antrag der Kläger als Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 33 Abs. 1, 1. Alt. RVG zu behandeln. Das LG hat daraufhin den Gegenstandswert für die Rechtsanwaltsgebühren der Nebenintervenienten einheitlich auf bis zu 48.211,85 EUR festgesetzt, wogegen sich die Beschwerde der Kläger richtet.
2 Aus den Gründen
Die gem. § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde ist begründet.
1. Nach dem in entsprechender Anwendung des § 140 BGB auch im Verfahrensrecht geltenden Grundsatz, dass eine fehlerhafte Parteihandlung in eine zulässige, wirksame und vergleichbare Prozesshandlung umzudeuten ist, wenn deren Voraussetzung eingehalten sind, die Umdeutung dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht (vgl. BGH, Urt. v. 6.12.2000 – XII ZR 219/98, juris Rn 17), war der klägerische Antrag auf gesonderte Festsetzung des Streitwertes der Nebenintervenienten als Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 33 Abs. 1, 1. Alt. RVG zu behandeln. Das Ziel der Kläger besteht ersichtlich nicht darin, den für die Gerichtsgebühren festgesetzten Streitwert abzuändern. Vielmehr wollen sie angesichts der ihnen zu 78 % auferlegten Kosten der Nebenintervention die auf dem GKG-Streitwert beruhenden Erstattungsansprüche abwehren. Dieses Ansinnen ist jedoch nur im Rahmen eines Antrages auf gesonderte Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 33 Abs. 1 RVG erfolgreich.
a) In Rspr. und Schrifttum existieren unterschiedliche Auffassungen zur Bestimmung des GKG-Gebührenstreitwertes der Nebenintervention. Zum einen wird die Auffassung vertreten, dass für den gem. § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, §§ 3 ff. ZPO zu bestimmenden Gebührenstreitwert das Interesse der unterstützten Hauptpartei, also der Wert der Hauptsache entscheidend sei, wenn der Nebenintervenient sich dem Antrag der von ihm unterstützten Hauptpartei – wie häufig – angeschlossen hat. Nach anderer im Vordringen befindlicher Auffassung soll auch bei durchgeführter Nebenintervention nicht auf die Anträge des Streithelfers, sondern auf das nach § 3 ZPO zu schätzende Interesse des S...