Verfahrensgang

LG Stralsund (Beschluss vom 17.09.2013; Aktenzeichen 4 O 378/08)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Kläger vom 7.10.2013 wird der Beschluss des LG Stralsund vom 17.9.2013 - 4 O 378/08 - aufgehoben und der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für die Nebenintervention des Streithelfers zu 1) auf 15.000 EUR und für die Nebenintervention der Streithelferin zu 2) auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kläger haben die Beklagten zu 1) und 2) auf Kostenvorschuss und Schadenersatz wegen behaupteter Baumängel bzw. Planungsmängel und Bauüberwachungsfehler bei der Errichtung eines Einfamilienhauses in Anspruch genommen. Der Beklagte zu 2), der teilweise mit der Bauplanung und Bauüberwachung beauftragt worden war, hat mit Schriftsatz vom 8.4.2010 dem Nebenintervenienten zu 1), dem die Lieferung und Montage der Fenster und Türen oblag und der Nebenintervenientin zu 2), der die Lieferung und Montage des Dachstuhls oblag, den Streit verkündet. Die Nebenintervenienten sind dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten zu 2) beigetreten und haben sich dem Klagabweisungsantrag des Beklagten zu 2) angeschlossen.

Das LG hat im Tenor des am 8.11.2012 verkündeten Urteils den Streitwert einheitlich auf 48.211,85 EUR festgesetzt.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit Schriftsatz vom 21.3.2013 und beantragen, den Streitwert der Nebenintervenienten wegen des geringeren wirtschaftlichen Interesses gesondert festzusetzen, und zwar auf Grundlage des zunächst geschätzten für die Mängelbeseitung erforderlichen Vorschusses für das Gewerk des Nebenintervenienten zu 1) auf 15.000 EUR und für das Gewerk der Nebenintervenientin zu 2) auf 5.000 EUR.

Das LG hat den Antrag auf gesonderte Festsetzung des Streitwertes für die Nebenintervenienten mit Beschluss vom 24.6.2013 zurückgewiesen und hierzu ausgeführt, der Antrag auf gesonderte Festsetzung sei unstatthaft. Im Übrigen sei der Antrag im Falle der Behandlung als Streitwertbeschwerde jedenfalls unbegründet, da der Streitwert in Fällen, in denen - wie vorliegend - der Streitgegenstand zwischen Hauptpartei und beigetretenem Nebenintervenienten identisch sei und sich die Nebenintervenienten dem Antrag der Hauptpartei anschließen, identisch sei mit dem des Hauptprozesses. In Bezug auf die nach Auffassung der Kammer mit dem Antrag konkludent eingelegte Streitwertbeschwerde hat das LG die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Da nach Auffassung des Senats die von den Klägern beantragte gesonderte Festsetzung des Streitwerts sich nicht gegen die Streitwertfestsetzung im Sinne des GKG richtet, ist die Sache zunächst an das LG zurückgesandt worden mit der Bitte, den Antrag der Kläger als Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 33 Abs. 1 Alt. 1 RVG zu behandeln. Das LG hat daraufhin mit Beschluss vom 10.9.2013 den Gegenstandswert für die Rechtsanwaltsgebühren der Nebenintervenienten einheitlich auf bis zu 48.211,85 EUR festgesetzt, wogegen sich die mit Schriftsatz vom 21.10.2013 eingelegte Beschwerde der Kläger richtet.

II. Die gem. § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Nach dem in entsprechender Anwendung des § 140 BGB auch im Verfahrensrecht geltenden Grundsatz, dass eine fehlerhafte Parteihandlung in eine zulässige, wirksame und vergleichbare Prozesshandlung umzudeuten ist, wenn deren Voraussetzung eingehalten sind, die Umdeutung dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht (vgl. BGH, Urt. v. 6.12.2000 - XII ZR 219/98, juris-Rz. 17), war der klägerische Antrag auf gesonderte Festsetzung des Streitwertes der Nebenintervenienten als Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 33 Abs. 1 1. Alt RVG zu behandeln. Das Ziel der Kläger besteht ersichtlich nicht darin, den für die Gerichtsgebühren festgesetzten Streitwert abzuänden. Vielmehr wollen sie angesichts der ihnen zu 78 % auferlegten Kosten der Nebenintervention die auf dem GKG-Streitwert beruhenden Erstattungsansprüche abwehren. Dieses Ansinnen ist jedoch nur im Rahmen eines Antrages auf gesonderte Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 33 Abs. 1 RVG erfolgreich.

a) In Rechtsprechung und Schrifttum existieren unterschiedliche Auffassungen zur Bestimmung des GKG-Gebührenstreitwertes der Nebenintervention. Zum einen wird die Auffassung vertreten, dass für den gem. § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, §§ 3 ff. ZPO zu bestimmenden Gebührenstreitwert das Interesse der unterstützten Hauptpartei, also der Wert der Hauptsache entscheidend sei, wenn der Nebenintervenient sich dem Antrag der von ihm unterstützten Hauptpartei - wie häufig - angeschlossen hat. Nach anderer im Vordringen befindlicher Auffassung soll auch bei durchgeführter Nebenintervention nicht auf die Anträge des Streithelfers, sondern auf das nach § 3 ZPO zu schätzende Interesse des Streithelfers abgestellt werden (vgl. hierzu mit Rechtsprechung- und Literaturhinweisen: OLG Celle vom 3.3.2011 - 13 W 129/10 -, Juris-Rz. 7 ff.; Kurpat in Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rz. 4248 ff.)....

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