Leitsatz
Nach Verweisung eines Rechtsstreits vom ArbG an ein LG können die Reisekosten des bisherigen Prozessbevollmächtigten, der die Partei auch vor dem LG vertreten hat, erstattungsfähig sein.
OLG Hamburg, Beschl. v. 17.12.2015 – 8 W 123/15
1 Sachverhalt
Der Kläger hatte gegen die Beklagte, die ihren Sitz in Hamburg hat, Klage vor dem ArbG Frankfurt erhoben. Die Beklagte hatte daraufhin in Frankfurt ansässige Prozessbevollmächtigte mit ihrer Vertretung beauftragt. Das ArbG Frankfurt verwies den Rechtsstreit wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges an das LG in Hamburg. Die Beklagte ließ sich weiterhin durch ihre Frankfurter Prozessbevollmächtigten vertreten. Nach mündlicher Verhandlung erließ das LG Hamburg ein Urteil, mit dem die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden. Im Kostenfestsetzungsverfahren streiten die Parteien um die Reisekosten der Frankfurter Prozessbevollmächtigten der Beklagten zum Verhandlungstermin vor dem LG Hamburg.
2 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Senat folgt der überzeugenden Begründung des angefochtenen Beschlusses, wonach der Kläger der Beklagten die der Höhe nach nicht streitigen Reisekosten und das Abwesenheitsgeld zu erstatten hat.
Nachdem der Kläger vor dem ArbG Frankfurt Klage erhoben hatte, konnte es der Beklagten nicht verwehrt sein, zur Kostenersparung Frankfurter Prozessbevollmächtigte mit ihrer Vertretung zu beauftragen. Dies gerade vor dem Hintergrund, dass sie selbst bei einem Obsiegen gem. § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG ihre Kosten nicht würde erstattet bekommen. Nachdem der Rechtsstreit nach Hamburg verwiesen worden war, wäre bei Beibehaltung ihrer Frankfurter Prozessbevollmächtigten keine (erneute) Verfahrensgebühr angefallen (§ 20 S. 1 RVG), während bei Beauftragung von Hamburger Prozessbevollmächtigten erheblich höhere Kosten als die Reisekosten der Frankfurter Prozessbevollmächtigen entstanden wären, wie in dem angefochtenen Beschluss im Einzelnen ausgeführt worden ist. Nachdem der Kläger einen unzulässigen Rechtsweg beschritten hatte, war die Beklagte auch nach Auffassung des Senats nicht gehalten, einen Anwaltswechsel vorzunehmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie vorliegend – die Reisekosten des bisherigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten nach Hamburg erheblich geringer sind als die Kosten eines neuen Prozessbevollmächtigten. Ebenso wie das LG vermag der Senat in dieser Bewertung keine Umgehung des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG zu erkennen, weil es nicht um die Erstattungsfähigkeit von am ArbG entstandenen Rechtsanwaltskosten geht, sondern um die Zumutbarkeit eines Anwaltswechsels nach Verweisung des Rechtsstreits an ein Zivilgericht.
Allerdings könnte der Sachverhalt anders zu beurteilen sein, wenn es sich um einen einfach gelagerten Rechtsstreit handeln würde oder er bereits vor dem ArbG "ausgeschrieben" war, so dass er von den Hamburger Prozessbevollmächtigten allein aufgrund der Handakte der Frankfurter Kollegen problemlos hätte übernommen werden können (s. zu einer solchen Fallkonstellation für die Erstattungsfähigkeit von Verkehrsanwaltskosten des bisherigen Prozessbevollmächtigten nach Verweisung vom ArbG an LG HansOLG JurBüro 1983, 771). Um einen solchen Rechtstreit handelt es sich vorliegend jedoch ersichtlich nicht. Auch vor dem LG Hamburg sind noch mehrere Schriftsätze ausgetauscht worden.
AGS 6/2016, S. 312