Sind mehrere Verfahren zwischen denselben Parteien anhängig, so bietet es sich häufig an, in dem zuerst terminierten Verfahren das andere Verfahren mit zu erörtern, um gegebenenfalls zu einer Gesamtlösung, also einem Gesamtvergleich, zu gelangen.
Probleme ergeben sich insoweit, wie in diesen Fällen die Terminsgebühr zu berechnen ist.
Für die Berechnung der Terminsgebühr ist es unerheblich, ob es zu einer Einigung kommt oder nicht. Die Terminsgebühr entsteht bereits für das Verhandeln über nicht anhängige Gegenstände. Im Gegensatz zur Einigungsgebühr ist der Abschluss eines Vergleichs nicht erforderlich.
Die entscheidende Frage ist die, ob die Terminsgebühr in jedem Verfahren aus den Einzelwerten gesondert entsteht oder ob sie nur in den Verfahren entsteht, in dem die Verhandlung geführt worden ist, dann aber aus dem Gesamtwert (§ 22 Abs. 1 RVG).
Die Rechtsprechung macht dabei einen Unterschied, ob die Verhandlungen in einem gerichtlichen Termin nach Vorbem. 3. Abs. 3 S. 1 VV geführt werden oder im Rahmen einer Besprechung zur Erledigung der Verfahren nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV.
I. Verhandlungen/Erörterungen im gerichtlichen Termin
Werden die Verhandlungen in einem gerichtlichen Termin geführt, nimmt die Rechtsprechung nur eine Terminsgebühr aus dem addierten Wert beider Verfahren (§ 22 RVG) an.
Beispiel
Zwischen den Parteien sind zwei Verfahren anhängig und zwar Verfahren A mit einem Streitwert von 5.000,00 EUR und Verfahren B mit einem Streitwert von 10.000,00 EUR. Im Verfahren A ist Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt. Dort wird dann auch das Verfahren B mit erörtert, um einen Gesamtvergleich zwischen den Parteien herbeizuführen, was jedoch nicht gelingt.
Die Verfahrensgebühren sind aus den Einzelwerten getrennt angefallen. Die Terminsgebühr entsteht dagegen nur einmal im Verfahren A aus dem Gesamtwert beider Verfahren (§ 22 RVG). Darüber hinaus entsteht hier eine Verfahrensdifferenzgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV. Allerdings ist diese 0,8-Verfahrensgebühr bzw. der davon nach Kürzung gem. § 15 Abs. 3 RVG verbleibende Betrag in dem anderen Verfahren anzurechnen (Anm. Abs. 1 zu Nr. 3101 VV). Dies ergibt damit folgende Berechnung:
I. Verfahren I
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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393,90 EUR |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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2. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3101 Nr. 2 |
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446,40 EUR |
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VV (Wert: 10.000,00 EUR) |
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(die Begrenzung des § 15 Abs. 3 RVG, nicht mehr als 1,3 aus 15.000,00 EUR = 845,00 EUR, wird nicht überschritten) |
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3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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780,00 EUR |
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(Wert: 15.000,00 EUR) |
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4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.640,30 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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311,66 EUR |
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Gesamt |
1.951,96 EUR |
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II. Verfahren II
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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725,40 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
gem. Anm. Abs. 1 zu Nr. 3101 VV anzurechnen, |
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0,8-Verfahrensgebühr aus 10.000,00 EUR |
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- 446,40 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
299,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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56,81 EUR |
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Gesamt |
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355,81 EUR |
II. Gemeinsame außergerichtliche Besprechung
Werden mehrere Verfahren im Rahmen außergerichtlicher Verhandlungen gem. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV gemeinsam besprochen, sollen nach der Rechtsprechung zwei gesonderte Terminsgebühren anfallen. Der BGH geht insoweit davon aus, dass in jedem Verfahren der jeweilige Gegenstand gesondert besprochen werde.
Beispiel
Anhängig sind zwei Berufungsverfahren (Werte: 15.000,00 EUR und 10.000,00 EUR). Die Anwälte verhandeln zur Erledigung beider Berufungsverfahren. Eine Einigung kommt nicht zustande. Beide Berufungen werden zurückgenommen.
Demzufolge wäre wie folgt abzurechnen:
I. Berufungsverfahren I (Wert: 15.000,00 EUR)
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
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1.040,00 EUR |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
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780,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.840,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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349,60 EUR |
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Gesamt |
2.189,60 EUR |
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II. Berufungsverfahren II (Wert: 10.000,00 EUR)
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
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892,80 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
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|
669,60 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.582,40 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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300,66 EUR |
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Gesamt |
|
1.883,06 EUR |
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III. Fazit
Werden in einem Verfahren anderweitig anhängige Gegenstände mit verhandelt bzw. erörtert, löst dies auf jeden Fall eine Terminsgebühr aus. Nach der derzeitigen Rechtsprechung von BAG und BGH kommt es darauf an, ob das Miterörtern bzw. -verhandeln in einem gemeinsamen gerichtlichen Termin erfolgt ist (dann nur eine Gebühr aus dem Gesamtwert) oder ob die Verhandlungen/Erörterungen im Rahmen einer außergerichtlichen Besprechung stattfinden (dann zwei Terminsgebühren).
Es lässt sich nicht verhehlen, dass zwischen den beiden Entscheidungen des BAG und des BGH ein gewisser Widerspruch besteht, zumal das BAG in einem obiter dictum erklärt, auch dann nur eine Terminsgebühr annehmen zu wollen,...