Leitsatz
Die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV ist keine Festgebühr.
AG Heidelberg, Beschl. v. 22.3.2016 – 15 OWi 26/16
1 Aus den Gründen
Mit der Gegendarstellung wendet sich der Verteidiger gegen die Entscheidung des AG hinsichtlich der Festsetzung der zusätzlichen Gebühr bei anwaltlicher Mitwirkung (Nr. 5115 VV) auf 30,00 EUR. Nach Auffassung des Verteidigers handelt es sich ausweislich der Anm. Abs. 3 S. 2 zu Nr. 5115 VV um eine Festgebühr, bei der grundsätzlich die Mittelgebühr anzuwenden sei.
Die Kommentarliteratur ist zu der Rechtsfrage uneinheitlich. Das Gericht schließt sich der Meinung von Hartmann, KostG, 38. Aufl. 2008, Rn 11 mit 13 zu Nr. 5115 VV an. Nach der Gesetzessymptomatik soll je nach der Lage des Einzelfalls von der Rahmenmitte nach oben oder unten abgewichen werden können. Der Ansatz einer Festgebühr zu Nr. 5115 VV wäre dagegen systemwidrig (LG Deggendorf, Beschl. v. 8.9.2005 – 1 Qs 101/05). Die Gebühr des Wahlanwalts "bemisst sich" nach der Fassung der amtlichen Anmerkung Abs. 3 S. 2 nach der Rahmenmitte. Das Wort "nur" oder "stets" fehlt im Gesetzestext. Legt man es in den Sinn der Vorschrift, ergibt sich entgegen dem klaren Wortlaut der Fassung der Gebührenspalte eine Festgebühr (eben in Höhe der jeweiligen Rahmenmitte). Das widerspricht jedoch der Systematik des Vergütungsverzeichnisses. Sie spricht dem Wahlanwalt durchweg auch dann Rahmengebühren zu, wenn der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwalt eine bloße Festgebühr erhält. Das legt eher eine Auslegung von Abs. 3 S. 2 dahin nahe, den Grundgedanken einer Ausgangsbewertung nach der Rahmenmitte i.S.v. § 14 RVG hier als eine allerdings verstärkte Bemessungsgrundlage zu sehen. Dann aber bleibt § 14 RVG daneben beachtlich. Man darf und muss daher zumindest zur Vermeidung einer zu starren Schematisierung auch hier den Grad der Bemühung und des Einflusses des Anwalts auf diejenige Situation beachten, die dann seine Zusatzgebühr auslöst.
entnommen von www.burhoff.de
2 Anmerkung
Zunächst einmal ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht mit einer seit acht Jahren veralteten Kommentierung des Hartmanns arbeitet. Hartmann hatte seine Auffassung im Übrigen zwischenzeitlich geändert und ebenfalls eine Festgebühr angenommen. Seit der 45. Aufl. nimmt er dagegen wieder eine Rahmengebühr an. Kurioserweise vertritt er zur inhaltsgleichen Regelung in Nr. 4141 VV genau die gegenteilige Auffassung (Festgebühr). Diese Kommentierung kann man daher nicht mehr ernst nehmen.
Entgegen der Ansicht des Gerichts wollte der Gesetzgeber ausweislich seiner Begründung durch die Regelung in Anm. Abs. 3 S. 2 zu Nr. 5115 VV vermeiden, dass über die Höhe der Zusätzlichen Gebühr gestritten wird. Durch die gewählte Formulierung wollte er erreichen, dass die Zusätzliche Gebühr immer in Höhe der Mittelgebühr der jeweiligen Verfahrensgebühr entsteht.
Daher geht die ganz überwiegende Rspr. und Kommentarliteratur auch zu Recht von einer Festgebühr aus.
Gleiches gilt auch für die Zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV.
Norbert Schneider
AGS 6/2016, S. 273 - 274