FamFG § 113 Abs. 1 S. 2; ZPO § 91a Abs. 2 S. 2; FamGKG §§ 35, 41
Leitsatz
- Der Rechtsmittelzug in Nebenentscheidungen bzw. -verfahren kann auch jenseits der gesetzlich verankerten Schranken der §§ 91a Abs. 2 S. 2, 99 Abs. 2 S. 2, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht weiter gehen als derjenige in der zugrunde liegenden Hauptsache. Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht für die isolierte Anfechtung der Verfahrenswertfestsetzung.
- Auch im Verfahren über eine einstweilige Anordnung betreffend einen Verfahrenskostenvorschuss hat eine Herabsetzung des Verfahrenswerts gem. § 41 FamGKG zu erfolgen.
OLG Koblenz, Beschl. v. 16.3.2017 – 7 WF 82/17
1 Sachverhalt
Die Antragstellerin hatte den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, durch die der Antragsgegner verpflichtet werden sollte, an sie Verfahrenskostenvorschuss i.H.v. insgesamt 15.645,54 EUR zu zahlen. Der Antragsgegner, der einen Anspruch nicht für gegeben ansah, stellte der Antragstellerin nach Zustellung des Antrags 20.000,00 EUR als Vorausleistung auf ihren Zugewinn zur Verfügung mit der Erklärung, dass die Antragstellerin damit in der Lage sei, die Kosten der von ihr beabsichtigten Verfahren aus eigenen Mitteln aufzubringen, so dass sich der Antrag auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses "erledigt" habe.
Die Antragstellerin hat sodann ihren Antrag für erledigt erklärt und Kostenantrag gestellt.
Das AG ist von einer übereinstimmenden Erledigungserklärung ausgegangen und hat durch den hier angefochtenen Beschluss die Verfahrenskosten insgesamt dem Antragsgegner auferlegt und zugleich den Verfahrenswert auf 15.645,54 EUR festgesetzt.
Mit der Beschwerde wendet sich der Antragsgegner zum einen gegen die Kostenentscheidung zu seinen Lasten, i.Ü. gegen die Festsetzung des Verfahrenswerts, wobei er eine Festsetzung auf die Hälfte des festgesetzten Wertes für angemessen hält.
2 Aus den Gründen
II. Der Antragsgegner wendet sich nicht gegen die Annahme einer übereinstimmenden Erledigungserklärung, sondern gegen die Annahme einer Erledigung des Antrags und daraus folgend die Auferlegung der Kosten. Auch der Senat geht daher jedenfalls von einer stillschweigend erklärten Zustimmung des Antragsgegners zur Erledigungserklärung der Antragstellerin aus.
Die in der vorliegenden Unterhaltssache – darum handelt es sich bei einem Verfahren auf Zahlung von Verfahrenskostenvorschuss – hier nach gem. § 113 Abs. 1 FamFG, § 91a Abs. 2 S. 1 ZPO an sich statthafte sofortige Beschwerde ist allerdings unzulässig (analog § 91a Abs. 2 S. 2 ZPO).
Für alle Beschwerden gegen Kostenentscheidungen gilt der Grundsatz, dass diese nur zulässig sind, wenn auch gegen die Hauptsacheentscheidung ein Rechtsmittel zulässig wäre.
Nach diesem Grundsatz kann der Rechtsmittelzug in Nebenentscheidungen bzw. Verfahren nicht weiter gehen als derjenige in der zugrunde liegenden Hauptsache. Gesetzlich verankert ist diese Schranke in §§ 91a Abs. 2 S. 2, 99 Abs. 2 S. 2, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO, gilt aber auch darüber hinaus (vgl. BGH FamRZ 2005, 790 [= AGS 2006, 83]; OLG Frankfurt FamRZ 2016, 1796 [= AGS 2016, 250]; OLG Düsseldorf FamRZ, 2011, 496). Es soll vermieden werden, dass der Rechtsschutz in einem Nebenverfahren nicht über den Rechtsweg in der Hauptsache hinausgehen kann, um auch zu vermeiden, dass Instanz- und Rechtsmittelgericht in abgeschlossenen Hauptsacheverfahren und mehrstufigen Nebenverfahren zu einander widersprechenden Entscheidungen in der Sache gelangen. In der Hauptsache (hier: einstweilige Anordnung) wäre ein Rechtsmittel nicht gegeben, weil der Verfahrenskostenvorschuss im Katalog des § 57 FamFG nicht aufgeführt ist.
III. Die Beschwerde gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes ist gem. §§ 59 Abs. 1, 55 Abs. 3 S. 2 FamGKG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Der nach § 59 Abs. 1 S. 1 FamGKG maßgebliche Beschwerdewert von über 200,00 EUR ist erreicht. Die Differenz der Anwaltsgebühren bei Herabsetzung des Verfahrenswerts auf die Hälfte übersteigt diesen Betrag um ein Vielfaches. Hier greift nach der Auffassung des Senats die Einschränkung nicht, dass auch die Hauptsache anfechtbar sein muss, weil widersprüchliche Beurteilungen in der Sache nicht zu erwarten sind, es sich hierbei um einen anderen Entscheidungsgegenstand mit eigenständiger Beschwer handelt. Die Anfechtung solcher Beschlüsse richtet sich jeweils danach, in welchem Umfang sie nach den besonderen Regelungen ihres Bereiches anfechtbar sind, z.B. die Verfahrenswertfestsetzung nach § 59 Abs. 1 S. 2 FamGKG, (Musielak/Borth/Grandel/Borth, FamFG, § 57 Rn 1–17, beck-online; a.A. Keidel-Giers, 19. Aufl., § 57 Rn 3).
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Im Verfahren der einstweiligen Anordnung ist der Verfahrenswert in der Regel unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen. Allerdings ist in der Rspr. umstritten, ob bei der einstweiligen Anordnung betreffend einen Verfahrenskostenvorschuss eine Herabsetzung gerechtfertigt ist. Dabei wird teilweise vertreten, dass das einstweilige Anordnungsverfahren in seiner Bedeutung der H...