GKG § 42 Abs. 1 S. 1 ZPO § 278 Abs. 6
Leitsatz
- Maßgeblich für die Bewertung des Streitgegenstandes ist der Zeitpunkt der materiellen Einigung.
- Haben die Parteien ohne inhaltliche Mitwirkung des Gerichts außergerichtlich eine Einigung erzielt, ist bei der Bewertung des Streitgegenstandes auf den Zeitpunkt der Mitteilung der materiellen Einigung (§ 278 Abs. 6 S. 1 1. Alt. ZPO), nicht auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Feststellung gem. § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO abzustellen.
LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 21.2.2014 – 3 Ta 17/14
1 Sachverhalt
Die Beschwerdeführer (Prozessbevollmächtigte der Klägerin) wenden sich mit Ihrer Beschwerde gegen die Wertfestsetzung des ArbG, konkret gegen die nicht werterhöhende Berücksichtigung des Klagantrags zu 3) sowie gegen eine ihres Erachtens zu geringe Berücksichtigung des Wertes der Nr. 2 des Vergleiches vom 28.1.2014.
Die Klägerin war seit dem 1.7.2011 bei der Beklagten beschäftigt. Ihre Vergütung belief sich zuletzt auf 3.791,67 EUR brutto monatlich. Sie erhielt mit Schreiben vom 19.12.2013 die fristgemäße Kündigung zum 31.1.2014 und erhob am 2.1.2014 Kündigungsschutzklage. Ausweislich des Kündigungsschreibens vom 19.12.2013 wurde sie mit sofortiger Wirkung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.1.2014 unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt. Mit Datum vom 9.1.2014 teilte die Klägerin dem Gericht mit, dass die Parteien sich außergerichtlich verglichen hätten und bat um eine Protokollierung gem. § 278 Abs. 6 ZPO. Das Gericht stellte nach Anhörung der Parteien am 28.1.2014 antragsgemäß das Zustandekommen des Vergleichs fest, der auszugsweise folgenden Inhalt hat:
"1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher, betriebsbedingter Kündigung der Beklagten vom 19.12.2013 mit Ablauf des 31.3.2014 enden wird."
2. Die Klägerin wird ab 2.12.2013 unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Vergütung und unter Anrechnung auf bestehende und noch entstehende Urlaubsansprüche sowie eventuelle Überstunden- und Zeitguthaben unwiderruflich freigestellt.
3. Die Beklagte erteilt der Klägerin ein berufsförderndes, qualifiziertes Schlusszeugnis … mit folgender Formulierung: …“
Die Vertreter der Klägerin beantragten, den Gegenstandswert auf 15.166,68 EUR festzusetzen (1/4 Jahresbruttoverdienst für den Klagantrag zu 1) und eine Bruttomonatsvergütung für den Klagantrag zu 3). Ferner wurde beantragt, als Mehrwert des Vergleiches für die Freistellung (Nr. 2) ein Bruttogehalt und für die Zeugnisregelung (Nr. 3) ein weiteres Brutto-Monatsgehalt, also den Betrag von 7.583,34 EUR festzusetzen.
Das ArbG setzte den für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren maßgebenden Streitwert auf 11.375,01 EUR (drei Bruttomonatsgehälter) und den Mehrwert des Vergleiches auf 5.687,51 EUR (1,5 Bruttomonatsgehälter) fest. Gegen diesen Beschluss haben die Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert und den Mehrwert des Vergleiches antragsgemäß festzusetzen.
Das ArbG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem LAG zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beschwerde hatte teilweise Erfolg.
2 Aus den Gründen
Der Streitwert war antragsgemäß heraufzusetzen. Insoweit war der Beschwerde stattzugeben. Der festgesetzte Mehrwert des Vergleiches ist korrekt. Insoweit war die Beschwerde zurückzuweisen.
1. Die sofortige Beschwerde ist begründet, soweit mit ihr die Heraufsetzung des Gegenstandswertes auf 15.166,68 EUR begehrt wird.
a) Den Klagantrag zu 1) hat das ArbG gem. § 42 Abs. 3 S. 1 GKG unter Berücksichtigung der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses zutreffend mit drei Bruttomonatsgehältern à 3.791,67 EUR festgesetzt. Das wird auch nicht beanstandet.
b) Den Klagantrag zu 3) hat das ArbG unzutreffend nicht streitwerterhöhend berücksichtigt. Das ArbG ist fälschlicherweise ausweislich des Nichtabhilfebeschlusses davon ausgegangen, es handele sich insoweit um einen Hilfsantrag. Der Weiterbeschäftigungsantrag ist als Hilfsantrag dann anzusehen, wenn er im Kündigungsrechtsstreit "für den Fall des Obsiegens" mit dem Kündigungsschutzantrag gestellt wird. Das ist jedoch gerade nicht der Fall. Die Klägerin hat ausweislich der Klageschrift ihr Weiterbeschäftigungsbegehren nicht an eine Bedingung geknüpft. Sie hat den Antrag auch nicht mittels anderer Formulierung nur hilfsweise gestellt. Damit handelt es sich nicht um einen Hilfsantrag. Der unbedingt gestellte Weiterbeschäftigungsantrag ist jedoch nach std. Rspr. mit einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten. Daher war der Wert des Streitgegenstandes auf insgesamt 15.166,68 EUR (insgesamt vier Gehälter) heraufzusetzen.
2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet, soweit mit ihr die Heraufsetzung des Mehrwerts des Vergleiches auf 7.583,34 EUR begehrt wird.
a) Das ArbG hat Nr. 3 des Vergleiches zutreffend mit einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.791,67 EUR bewertet. Die Parteien haben sich insoweit nicht nur über die Zeugniserteilung, sondern auch detailliert über den Zeugnisinhalt geeinigt. Damit ist die Bewertung mit einem Bruttomonatsgehalt...