Leitsatz
Nimmt der Prozessbevollmächtigte an einer gerichtlichen Erörterung des Klageverfahrens teil, deren Gegenstand auch der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist, entsteht im vorläufigen Rechtsschutzverfahren eine Terminsgebühr.
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 6.5.2015 – 7 E 1271/14
1 Aus den Gründen
Die Beschwerde gegen die Entscheidung des VG über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist zulässig und begründet. Das VG hat die Erinnerung zu Unrecht zurückgewiesen und die Festsetzung einer Terminsgebühr für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes – 11 L 1105/14 – abgelehnt. Die Antragsteller haben einen Anspruch auf Erstattung einer Terminsgebühr. Die Voraussetzungen von Nr. 3104 VV i.V.m. der Vorbem. 3 Abs. 3 VV sind erfüllt.
Gem. der Vorbem. 3 Abs. 3 VV entsteht eine Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Sie entsteht jedoch nicht für die Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins nur zur Verkündung einer Entscheidung. Die Gebühr für außergerichtliche Termine und Besprechungen entsteht erstens für die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins und zweitens für die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber.
Hier ist eine Terminsgebühr im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes – 11 L 1105/14 – mit Blick auf die Vertretung in einem gerichtlichen (Erörterungs-)Termin (S. 1, 1. Alt. der Vorbem. 3 Abs. 3 VV) entstanden.
Der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller hat nach seinem Vorbringen an einer gerichtlichen Erörterung teilgenommen, deren Gegenstand (auch) der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz im Verfahren – 11 L 1105/14 – war. Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieses Vorbringens. Die Erörterung fand danach im Rahmen einer öffentlichen Sitzung statt, die für das Hauptsacheverfahren gleichen Rubrums – 11 K 6229/13 – (den Antrag auf Einschreiten betreffend) und zwei weitere parallele Verfahren geladen war und in der die Beteiligten des Verfahrens – 11 L 1105/14 – anwesend waren. Dass im Rahmen dieses Termins zur Hauptsache auch das Verfahren der Antragsteller auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erörtert wurde, wird durch das vorliegende Protokoll bestätigt; danach wurde dem Vertreter der Beigeladenenseite ein Beiladungsbeschluss und eine Antragsschrift zum Aktenzeichen – 11 L 1105/14 – ausgehändigt und die Sach- und Rechtslage eingehend erörtert, was schließlich zu protokollierten Hauptsacheerledigungserklärungen der Beteiligten führte; bestätigt wird dies auch durch den Vortrag der Antragsgegnerin, die angibt, die Sache sei "mitverhandelt" worden.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kommt es nicht darauf an, ob zu diesem Termin auch eine förmliche Ladung im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes erfolgt war bzw. ob hierzu ein ausdrücklicher Aufruf der Sache stattgefunden hat. Diese auch im angegriffenen Beschluss über die Kostenfestsetzung unter Bezug auf die Entscheidung des OVG vom 15.8.2011 – 2 E 772/11 – angeführten Voraussetzungen ergeben sich aus dem zitierten Beschluss nicht. Eine förmliche Ladung und ein ausdrücklicher Aufruf sind für die Entstehung einer Terminsgebühr nicht zwingend erforderlich, wenn die Beteiligten anwesend sind, der Sache nach mit dem Termin begonnen worden ist und damit in der Sachbehandlung ein konkludenter Aufruf im Sitzungsraum anzunehmen ist (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold u.a., RVG, 21. Aufl. 2013, Rn 84 f. zu Vorbem. 3 VV sowie BGH, Beschl. v. 12.10.2010 – VIII ZB 16/10, NJW 2011, 388 [= AGS 2010, 527]).
Soweit unter Geltung einer früheren Fassung der Vorbem. 3 VV die Auffassung vertreten wurde, eine Terminsgebühr könne nur in einem Verfahren entstehen, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei, steht dies der Entstehung der Terminsgebühr jedenfalls nach Maßgabe der nunmehr geltenden Fassung nicht entgegen (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 17.7.2014 – 8 E 376/14, NJW 2014, 3323 mit umfangreichen weiteren Nachw. [= AGS 2014, 392]).
Auf dieser Grundlage ergibt sich die Berechnung der zu erstattenden Kosten unter Einschluss der Terminsgebühr nach Maßgabe des Festsetzungsantrags des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller vom 16.6.2014, in Bezug auf dessen Richtigkeit im Übrigen Zweifel weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich sind.
AGS 7/2015, S. 326 - 327