Leitsatz
- Nach vollständiger Erfüllung der Klageforderung ist eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV nicht mehr möglich; nach dem erledigenden Ereignis – und nicht erst nach der Erledigterklärung – kann eine Terminsgebühr nicht mehr anfallen.
- Wird eine Erledigterklärung, obwohl noch zeitlich möglich, nicht vor der ersten mündlichen Verhandlung abgegeben, sind deren Kosten im Wege der Kostentrennung der Partei aufzuerlegen.
LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 22.4.2015 – 8 T 1936/15
1 Sachverhalt
Am 15.9.2014 erhob der Kläger Klage gegen die Beklagten, die diesen am 25.9.2014 zugestellt wurde. Mit Schreiben vom 30.9.2014 teilte die Beklagte zu 3) unter Hinweis auf ihre Regulierungsvollmacht für die Beklagten zu 1) und 2) mit, dass der Klagebetrag ausgeglichen wurde. Einer Erledigterklärung des Klägers werde bereits vorsorglich zugestimmt. Nachdem in der Folge keine Erledigterklärung seitens des Klägers abgegeben wurde, wurde durch das AG mit Verfügung vom 10.12.2014 Haupttermin bestimmt auf den 29.1.2015. Dort erklärten die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt.
Mit Beschl. v. 2.2.2015, dem Klägervertreter zugestellt am 5.2.2015, legte das AG Nürnberg den Beklagten als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits auf, mit Ausnahme der durch "durch Anberaumung und Durchführung des Verhandlungstermins vom 29.1.2015 verursachten Kosten". Zur Begründung führt das AG aus, dass es dem Kläger problemlos möglich gewesen wäre, den Rechtsstreit außerhalb der mündlichen Verhandlung für erledigt zu erklären. Hierdurch wäre dann keine Terminsgebühr angefallen. In entsprechender Anwendung des § 95 ZPO sei deshalb eine Kostenaufteilung hinsichtlich der Terminsgebühr für den Verhandlungstermin vom 29.1.2015 vorzunehmen.
Mit Schriftsatz vom 19.2.2015 legte der Kläger gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde ein. Der Kläger meint, dass die Beklagten auch die Kosten für den Verhandlungstermin vom 29.1.2015 tragen müssten. Dieser Termin sei notwendig gewesen, weil die Beklagten sich geweigert hätten, eine bereits zuvor angefallene Terminsgebühr zu übernehmen. So habe am 4.11.2014 ein Telefonat des Klägervertreters mit dem Richter stattgefunden. Zudem habe am 17.12.2014 ein Telefonat mit der Erstbeklagten betreffend offene Gebühren des Klägervertreters stattgefunden. Diese beiden Telefonate hätten mit dem Ziel der Erledigung der Angelegenheit stattgefunden. Da sich die Beklagten geweigert hätten, die damit bereits angefallene Terminsgebühr zu erstatten, habe die mündliche Verhandlung beantragt werden müssen. Eine außergerichtliche Erledigterklärung sein nicht möglich gewesen. Zudem biete § 95 ZPO keine Grundlage für eine Kostentragungslast der Beklagten; die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung lägen nicht vor.
Das AG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem LG zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Der Kläger ist zur Tragung der Kosten der Verhandlung vom 29.1.2015 verpflichtet, da er diese rechtsmissbräuchlich verursacht hat.
a) Die Rechtsausübung im Zivilverfahren unterliegt dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) abgeleiteten Missbrauchsverbot. Als Ausfluss dieses auch das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatzes trifft jede Prozesspartei die Verpflichtung, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann dazu führen, dass ein Festsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist und die unter Verstoß gegen Treu und Glauben zur Festsetzung angemeldeten Mehrkosten im Kostenfestsetzungsverfahren abzusetzen sind (st. Rspr. BGH, Beschl. v. 20.5.2014 – VI ZB 9/13, NJW 2014, 2285 m.w.N. [= AGS 2014, 300]). So hat der BGH es etwa zu Recht als treuwidrig angesehen, wenn ein Kläger erst im Termin und nicht schon zuvor schriftsätzlich eine einseitige Erledigungserklärung abgibt, obgleich er bereits vor dem Termin wusste, dass seine Klageforderung in der Hauptsache erloschen war und seine Klage daher ohne eine Erledigungserklärung insoweit abzuweisen gewesen wäre (BGH, Beschl. v. 31.8.2010 – X ZB 3/09, NJW 2011, 529 [= AGS 2010, 561]).
Diese Erwägungen müssen in gleicher Weise gelten, wenn es nicht erst um die Ausfüllung einer bereits ergangenen Kostengrundentscheidung geht, sondern – gleichsam als Vorstufe – um die Grundentscheidung zur Tragung von Kosten, die ohne das rechtsmissbräuchliche Verhalten nicht entstanden wären.
b) Hier liegt ein rechtsmissbräuchliches Verhalten in dem Unterlassen einer Erledigterklärung vor Terminsbestimmung, obwohl jene unstreitig zeitlich völlig problemlos hätte abgegeben werden können.
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Termin im Hinblick auf die Weigerung der Beklagten erforderlich gewesen sei, eine – bereits vor dem Termin vom 29.1.2015 – entstandene Terminsgebühr zu übernehmen. Eine Terminsgebüh...