Leitsatz

  1. Im Interesse der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung ist eine weitgehende Schematisierung der Wertbemessung für gleichartige Streitigkeiten geboten. Der Streitwertkatalog enthält für die Arbeitsgerichtsbarkeit zwar lediglich Empfehlungen; die Aufgabe des Gerichts, bei der Streitwertfestsetzung im jeweiligen Einzelfall das ihm eingeräumte Ermessen auszuüben, bleibt hiervon unberührt. Angesichts der Tatsache, dass dem Streitwertkatalog eine Gesamtschau der bundesweiten Rspr. zugrunde liegt, kommt ihnen jedoch zur Gewährleistung einer weitest möglichen Gleichbehandlung besonderes Gewicht zu.
  2. Nach II. 4.2. des Streitwertkatalogs 2014 ist beim alleinigen Streit im Rahmen des Verfahrens nach § 100 ArbGG über die Person des Vorsitzenden grundsätzlich nur 1/4 Hilfswert nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG festzusetzen.
  3. In dem Verfahren nach § 33 Abs. 1 RVG gilt das Verschlechterungsverbot (Verbot der reformatio in peius), d.h. die erstinstanzliche Entscheidung darf nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers abgeändert werden. Dafür spricht der allgemeine prozessuale Grundsatz, dass ein Rechtsmittelführer entsprechend der Regelung in § 528 S. 2 ZPO bei einer Beschwerdeentscheidung in der Sache nicht schlechter gestellt werden darf als in dem Ausgangsbeschluss, es sei denn, dies ist im Gesetz ausdrücklich anders vorgesehen.

LAG Köln, Beschl. v. 30.12.2015 – 12 Ta 358/15

1 Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Streitwerts nach § 33 Abs. 1 RVG für ein Einigungsstelleneinsetzungsverfahren, § 100 ArbGG (bis zum 9.7.2015 inhaltsgleich § 99 ArbGG – vgl. Gesetz v. 3.7.2015 – BGBl I, S. 1130).

Im gerichtlichen Bestellungsverfahren der Einigungsstelle – anhängig seit dem 1.7.2015 – und im Vorfeld stritten die Beteiligten nur über die Person des Vorsitzenden der Einigungsstelle zum Thema "betriebliche Bildung". Der Betriebsrat lehnte Herrn F, die Arbeitgeberin Herrn Dr. F ab.

Das ArbG hat den Streitwert – nach einem Vergleich der Beteiligten im schriftlichen Verfahren auf Herrn Dr. F als Vorsitzenden – mit 2.500,00 EUR festgesetzt. Die Beschwerde des Bevollmächtigten des Betriebsrats richtet sich hiergegen. Er will den Wert mit 5.000,00 EUR festgesetzt wissen.

2 Aus den Gründen

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

A. Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 1 RVG statthaft, denn in Beschlussverfahren ist ein Gerichtsgebührenstreitwert mangels zu erhebender Gebühren (§ 2 Abs. 2, § 63 Abs. 2 S. 1, 2 GKG) nicht festzusetzen. Die Beschwerde ist auch im Übrigen statthaft: Bereits bei zwei anzusetzenden Gebühren wäre der Beschwerdewert in Höhe von 200,00 EUR bei einem vom Anwalt des Betriebsrats begehrten Streitwert in Höhe von 5.000,00 EUR gegenüber dem festgesetzten Wert überschritten. Die Beschwerde ist zudem frist- und formgerecht nach § 33 Abs. 3 S. 2 RVG eingelegt worden. Der Beschluss ist dem Anwalt des Betriebsrats am 28.9.2015 zugestellt, die Beschwerde am 12.10.2015 eingelegt worden.

B. Die Beschwerde ist unbegründet.

I. Nach II. 4.2. des Streitwertkatalogs 2014 ist beim alleinigen Streit der Beteiligten im Rahmen des Verfahrens nach § 100 ArbGG über die Person des Vorsitzenden grundsätzlich nur 1/4 des Hilfswerts nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG festzusetzen. Das ist hier der Fall. Die Beteiligten haben nur über die Person des Vorsitzenden der Einigungsstelle gestritten.

II. Der Streitwertkatalog und der dort vorgegebene Wert von 1.250,00 EUR sind zugrunde zu legen. Gründe, hiervon abzuweichen, liegen nicht vor und wurden vom Beschwerdeführer auch nicht ausreichend geltend gemacht.

1. In der neuesten Rspr. der Landesarbeitsgerichte wird der Streitwertkatalog zugrunde gelegt. Bei der richtigen Anwendung soll sich das Gericht regelmäßig im Rahmen des ihm nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG eingeräumten Ermessens bewegen (LAG Nürnberg v. 20.12.2013 – 2 Ta 156/13). Das Hessische und Sächsische LAG orientieren ihre Rspr. im Interesse einer möglichst einheitlichen Gestaltung der Streitwertbemessung für bestimmte, typische Fallkonstellationen an diesem Katalog (Hessisches LAG v. 22.8.2014 – 1 Ta 457/14; Sächsisches LAG v. 23.2.2015 – 4 Ta 182/14 (9) [= AGS 2015, 427]; bislang offen zum Vorgängerkatalog LAG Köln v. 18.12.2013 – 5 Ta 340/13; vgl. auch Willemsen/Schipp/Oberthür, NZA 2014, 886).

2. Das BVerwG sieht im Interesse der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung eine weitgehende Schematisierung der Wertbemessung für gleichartige Streitigkeiten als geboten an. Als Handreichung für eine möglichst einheitliche Wertfestsetzung in der gerichtlichen Praxis enthält der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zwar lediglich Empfehlungen; die Aufgabe des Gerichts, bei der Streitwertfestsetzung im jeweiligen Einzelfall das ihm eingeräumte Ermessen auszuüben, bleibt hiervon unberührt. Angesichts der Tatsache, dass den Empfehlungen des Streitwertkatalogs eine Gesamtschau der bundesweiten Verwaltungsrechtsprechung zugrunde liegt, kommt ihnen jedoch zur Gewährleistung einer weitestmöglichen Gleichbehandlung besonderes Gewicht zu (zuletzt BVerwG v. 15.9.2015 – 9 KSt 2.1...

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