ZPO § 269 Abs. 3 S. 3
Leitsatz
- Werden Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall gegenüber einem Haftpflichtversicherungsunternehmen bzw. unmittelbar gegen die vergleichbar einem solchen Unternehmen agierende Bundesrepublik Deutschland geltend gemacht, tritt Verzug erst ein, sobald eine dem Versicherungsunternehmen in durchschnittlichen Angelegenheiten zuzubilligende Prüfungsfrist von vier bis sechs Wochen abgelaufen ist, die mit dem Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens beginnt (Anschluss OLG Frankfurt, 2.12.2014 – 7 W 64/14, VersR 2015, 1373 und OLG Rostock, 9.1.2001 – 1 W 338/98, MDR 2001, 935).
- Hat die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung diese Prüfungsfrist nicht eingehalten, sind ihr im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses im Schadensersatzprozess die Kosten aufzuerlegen.
LG Koblenz, Beschl. v. 25.4.2016 – 5 O 72/16
1 Sachverhalt
Unter dem 10.12.2015 befuhr der Kläger mit einem in seinem Eigentum stehenden Fahrzeug BMW Typ Mini die ...-Brücke in ... . An einer rot oder gelb zeigenden Ampelanlage hielt er sein Fahrzeug an, als ihm ein im Eigentum der Beklagten stehendes Bundeswehrfahrzeug von hinten auffuhr.
Im weiteren Verlauf beauftragte der Kläger mit der Regulierung seines Sachschadens einen Rechtsanwalt, den hiesigen Prozessbevollmächtigten, der den dem Kläger entstandenen Sachschaden unter dem 12.1.2016 schriftsätzlich bezifferte und zugleich die Beklagte aufforderte, bis spätestens zum 22.1.2016 eine entsprechende Zahlung zu leisten. Die anfallenden Reparaturkosten wurden in besagtem Schriftsatz fiktiv auf Gutachtenbasis berechnet. Im Anschluss ließ der Kläger sein Fahrzeug reparieren, wobei die Werkstattrechnung unmittelbar der Beklagten übersandt wurde.
Im weiteren Verlauf, Anfang Februar 2016, kam es zwischen den Parteien zu einem Streit über die der Regulierung zugrundeliegende Quote dem Grunde nach. Hierbei vertrat die Beklagte die Auffassung, dass sie zu einer Regulierung nur auf Höhe einer Quote von 2/3 zu ihren Lasten verpflichtet sei. Hierauf reagierte der Kläger durch E-Mail seines Prozessbevollmächtigten vom 18.2.2016, in der ausgeführt wurde, dass an einer Haftungsquote von 100 % zugunsten des Klägers festgehalten werde. Zugleich wurde der Beklagten eine weitere Schadensregulierungsfrist bis zum 29.2.2016 gesetzt und darauf hingewiesen, dass andernfalls eine gerichtliche Auseinandersetzung unvermeidlich sei.
Gut drei Wochen später, unter dem 9.3.2016, hat der Kläger eine das Unfallereignis vom 10.12.2015 betreffende Klage gegen die Beklagten vor dem LG anhängig gemacht. Einen Tag später, am 10.3.2016, kündigte die Beklagte die vollständige Regulierung des Unfalls gegenüber dem Kläger nach Maßgabe seiner Kostenaufstellung an. Tatsächlich nahm die Beklagte die angekündigte Regulierung sodann zeitnah vor, woraufhin der Kläger (noch vor ihrer Zustellung) die Klage vollumfänglich zurückgenommen hat.
Der Kläger beantragt, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen (§ 269 Abs. 3 S. 3 BGB).
Die Beklagte beantragt, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger aufzuerlegen. Sie vertritt die Rechtsauffassung, dass die geleistete Zahlung innerhalb einer ihr zuzubilligenden angemessenen Regulierungsfrist von vier bis sechs Wochen vorgenommen worden sei und die Kosten des Rechtsstreits daher dem Kläger aufzuerlegen seien.
2 Aus den Gründen
Die Kosten des Rechtsstreits sind gem. § 269 Abs. 3 S. 3 BGB wie tenoriert der Beklagtenseite aufzuerlegen gewesen.
Im Falle des hier einschlägigen § 269 Abs. 3 S. 3 BGB bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Die Anwendung dieser Grundsätze führt vorliegend zur Auferlegung der Kosten auf die Beklagte.
Werden Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall gegenüber einem Haftpflichtversicherungsunternehmen bzw. hier unmittelbar gegen die vergleichbar einem solchen Unternehmen agierende Bundesrepublik Deutschland geltend gemacht, tritt Verzug erst ein, sobald eine dem Versicherungsunternehmen in durchschnittlichen Angelegenheiten zuzubilligende Prüfungsfrist von (je nach Einzelfall) vier bis sechs Wochen abgelaufen ist, die mit dem Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens beginnt (OLG Frankfurt VersR 2015, 1373; OLG Rostock MDR 2001, 935).
Besagte Prüfungsfrist wurde vorliegend durch die Beklagte nicht eingehalten. Das klägerseits mit der Klageschrift vorgelegte spezifizierte Anspruchsschreiben datiert auf den 12.1.2016 und ging der Beklagten, ausgehend von einer durchschnittlichen Postlaufzeit, Mitte Januar zu. Den Zugang besagten Schriftsatzes hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 14.4.2016 nicht in Abrede gestellt. Die Parteien stritten hiernach zu keiner Zeit um die Höhe des Anspruches, sondern die Beklagte wendete allein ein, dass eine Regulierung lediglich auf Grundlage einer Haftungsquote von 2/3 zu ihren Lasten erfolgen solle. Diesem Vorbringen widersprach der Kläger in der Folge und setzte der Beklagten unter dem 18.2.2016 eine weitere Regulierungsfrist. Diese Frist ließ die Beklagt...