Einführung
Die beiden ersten Teile dieses Beitrags
A. Änderungen im Paragrafenteil
B. Änderungen im Vergütungsverzeichnis
I. Teil 1 VV – Allgemeine Gebühren
II. Teil 2 VV – Außergerichtliche Tätigkeiten einschließlich der Vertretung im Verwaltungsverfahren
III. Teil 3 VV – Verfahren der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten
1. Abschnitt 1 – Erster Rechtszug
sind abgedruckt in AGS 2012, 260 ff. u. 313 ff.
Die Änderungen bei den Allgemeinen Gebühren nach Teil 1 VV sind in AGS 2012, 157 ff. behandelt.
Der folgende Beitrag befasst sich mit den Änderungen in den Rechtsmittelverfahren sowie den sonstigen gerichtlichen Verfahren nach Teil 3 VV.
III. Teil 3 VV – Verfahren der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten
2. Abschnitt 2 – Berufung, Revision, bestimmte Beschwerden …
a) Vorbem. 3.2.1 VV
aa) Überblick
Die Vorbem. 3.2.1 VV wird u.a. wie folgt ergänzt:
Dieser Unterabschnitt ist auch anzuwenden in Verfahren
…
3. über Beschwerden
a) gegen die Entscheidung des Verwaltungs- oder Sozialgerichts wegen des Hauptgegenstands in Verfahren des vorläufigen oder einstweiligen Rechtsschutzes
In Vorbem. 3.2.1 VV wird die Aufzählung der Verfahren, für die die Vorschriften über die Berufung, also die Nrn. 3200 ff. VV, gelten sollen, aus systematischen Gründen neu gefasst. Die sozialgerichtlichen Verfahren sind davon jedoch nicht betroffen.
Neu ist dagegen die in Nr. 3 eingefügte Regelung für Beschwerden gegen die Entscheidung des Sozialgerichts wegen des Hauptgegenstands in Verfahren des vorläufigen oder einstweiligen Rechtsschutzes. Diese Verfahren werden bisher
• |
bei Wertgebühren nach den Nrn. 3500, 3513 VV und |
• |
bei Rahmengebühren nach den Nrn. 3501, 3515 VV |
vergütet.
Versuche, für Beschwerden in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine analoge Anwendung der Vorbem. 3.2.1 VV zu erreichen oder aus dem Umkehrschluss zu Vorbem. 3.2 VV herzuleiten, dass die höheren Gebühren eines Berufungsverfahrens gelten sollen, sind von der Rspr. bislang einhellig verworfen worden. Weder kann also die höhere Verfahrensgebühr noch die höhere Terminsgebühr eines Berufungsverfahrens beansprucht werden. Auch gibt es – im Gegensatz zu den zivilrechtlichen Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren – keinen Sondertatbestand für die Terminsgebühr (Nr. 3514 VV), wenn das Beschwerdegericht die mündliche Verhandlung anberaumt. Es bleibt hier vielmehr bei den einfachen Gebühren.
Beispiel 1: Beschwerde gegen einstweilige Anordnung des Sozialgerichts (Wertgebühren – bisheriges Recht)
Gegen den Beschluss des SG, mit dem das Gericht den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Antragstellers abgelehnt hat, legt dieser Beschwerde zum LSG ein. Das LSG weist die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung zurück und setzt den Streitwert auf 1.500,00 EUR fest.
Im Beschwerdeverfahren ist nach den derzeitigen Gebührenbeträgen wie folgt zu rechnen:
1. |
0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3500 VV (Wert: 1.500,00 EUR) |
52,50 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
10,50 EUR |
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Zwischensumme |
63,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
11,97 EUR |
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Gesamt |
74,97 EUR |
Beispiel 2: Beschwerde gegen einstweilige Anordnung des Sozialgerichts (Rahmengebühren – bisheriges Recht)
Gegen den Beschluss des SG, mit dem die Behörde zu einer vorläufigen Leistung verpflichtet worden ist, legt diese Beschwerde ein. Das LSG verhandelt mündlich und entscheidet sodann.
Im Beschwerdeverfahren ist – ausgehend von den Mittelgebühren nach den derzeitigen Betragsrahmen – wie folgt zu rechnen:
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 3501 VV |
87,50 EUR |
2. |
Terminsgebühr, Nr. 3515 VV |
87,50 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
195,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
37,05 EUR |
|
Gesamt |
232,05 EUR |
Zukünftig soll der Rechtsanwalt die gleichen Gebühren erhalten wie in einem Berufungsverfahren. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass in den sozialgerichtlichen Beschwerdeverfahren betreffend Entscheidungen des einstweiligen Rechtsschutzes in der Hauptsache die geringeren Beschwerdegebühren nach Teil 3 Abschnitt 5 VV nicht angemessen sind, da diese Verfahren häufig sehr viel Arbeit und Aufwand verursachen und eine hohe Verantwortung des Anwalts gegeben ist. Daher ist beabsichtigt, die Beschwerden gegen Entscheidungen der Verwaltungs- und Sozialgerichte im einstweiligen Rechtsschutz in den Katalog der Vorbem. 3.2.1 VV als neue Nr. 3 Buchst. a) aufzunehmen. Der Anwalt erhält dann die gleichen Gebühren wie in einem Berufungsverfahren.
Für Beschwerden gegen Zwischen- und Nebenentscheidungen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bleibt es dagegen bei den Gebühren nach Teil 3 Abschnitt 5 VV, also bei den Wertgebühren der Nrn. 3500, 3513 VV und den Rahmengebühren der Nrn. 3501, 3515 VV.
Die Höhe der Gebühren in Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtschutzes in der Hauptsache richtet sich danach, ob nach Wertgebühren oder nach Betragsrahmengebühren abzurechnen ist.