ArbnErfG § 38 ZPO § 3

Leitsatz

  1. Bei einem nach § 38 ArbEG unbezifferten Antrag auf Festsetzung einer angemessenen Erfindervergütung ist der Streitwert, soweit der Kläger nicht einen verbindlichen Mindestbetrag angegeben hat, in freier Schätzung nach § 3 ZPO festzusetzen, wobei grundsätzlich nach dem Betrag zu bemessen ist, den das Gericht aufgrund des Sachvortrags des Klägers als angemessen erachtet. Offensichtlich übertriebene Einschätzungen und Angaben insbesondere zu Umständen, über die der Beklagte erst Auskunft erteilen soll, haben dabei außer Betracht zu bleiben.
  2. Zielt das Klagebegehren auf eine grundsätzlich abweichende rechtliche Beurteilung der Höhe einer angemessenen Vergütung, muss sich dieses Rechtsschutzziel im Streitwert niederschlagen. Dabei ist jedoch umso mehr Zurückhaltung geboten, je fernliegender es erscheint, dass die rechtlichen Erwägungen des Klägers die Höhe des Vergütungsanspruchs maßgeblich bestimmen könnten.

BGH, Beschl. v. 12.6.2012 – X ZR 104/09

1 Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten beschäftigt. Er hat geltend gemacht, dass eine mit der Beklagten geschlossene Vergütungsvereinbarung betreffend einer von ihm gemachten Erfindung ungeachtet dessen, dass ihm aufgrund dieser Vereinbarung bereits eine Erfindervergütung in Höhe von 1.078.693,00 EUR zugeflossen ist, erheblich unbillig und damit nach § 23 Abs. 1 S. 1 ArbEG unwirksam sei. Seine Stufenklage, die in der letzten Stufe einen unbezifferten Zahlungsantrag enthalten hat, ist vom LG abgewiesen worden. Seine Berufung hatte keinen Erfolg gehabt. Beide Instanzen haben den Streitwert jeweils auf 1 Mio. EUR festgesetzt. Der BGH hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Mit Beschl. v. selben Tag hat er den Wert des Streitgegenstands für die Revision ebenfalls auf 1 Mio. EUR festgesetzt.

Hiergegen wendet sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in eigenem Namen mit seiner Gegenvorstellung. Zur Begründung führt er aus, dass der Kläger in der Revisionsbegründung beansprucht habe, der Vergütungsberechnung einen Nettoerfindungswert in Höhe von 448.444.854,80 US-Dollar zugrunde zu legen, was an diesem Tag einem Betrag von 317.933.263,00 EUR entsprochen habe. Der Kläger habe außerdem die Heranziehung eines Anteilsfaktors in Höhe von 30 Prozent begehrt, sodass sich unter Berücksichtigung des unstreitigen Miterfinderanteils des Klägers von 10 Prozent eine Erfindervergütung in Höhe von 9.537.998,00 EUR errechne. Er beantragt, den Streitwert, wie schon in der mündlichen Verhandlung angeregt, an den Vergütungsvorstellungen des Revisionsklägers zu Beginn der Revisionsinstanz zu orientieren und entsprechend heraufzusetzen.

Der Kläger, der keinen Mindestbetrag angegeben und keine Angaben zum Streitwert gemacht hat, wendet sich gegen die beantragte Heraufsetzung des Streitwerts. Der Streitwert eines unbezifferten Zahlungsantrages bemesse sich nach dem Betrag, den das Gericht zusprechen werde, weswegen im Rahmen der Streitwertfestsetzung eine Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen sei. Insoweit bestehe keine Veranlassung, den Streitwert heraufzusetzen.

2 Aus den Gründen

Die Gegenvorstellung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist in analoger Anwendung des § 32 Abs. 2 S. 1 RVG zulässig (vgl. BGH, Beschl. v. 12.2.1986 – IVa ZR 138/83, NJW-RR 1986, 737; Beschl. v. 7.4.2011 – VII ZR 66/07), aber nicht begründet.

1. Der Wert des Streitgegenstands der Revision bestimmt sich nach den Schlussanträgen des Klägers aus der Vorinstanz, die er mit seiner Revision weiter verfolgt (§ 47 Abs. 1 S. 1 GKG). Von im Wege der Stufenklage miteinander verbundenen Schlussanträgen ist allein der Leistungsantrag für die Streitwertbestimmung maßgebend (§ 44 GKG). Ist dieser – wie im Streitfall – nicht beziffert (§ 38 ArbEG) und hat der Kläger auch keinen Mindestbetrag genannt, ist der Streitwert in freier Schätzung nach § 3 ZPO festzusetzen, wobei grundsätzlich nach dem Betrag zu bemessen ist, den das Gericht aufgrund des Sachvortrags des Klägers als angemessen erachtet (Herget in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rn 16 "unbezifferte Klageanträge" m.w.Nachw.). Offensichtlich übertriebene Einschätzungen und Angaben insbesondere zu Umständen, über die der Beklagte erst Auskunft erteilen soll, haben dabei außer Betracht zu bleiben.

Allerdings kann die Bewertung des mit der Klage verfolgten Interesses des Klägers sich nicht stets auf das schlüssige Vorbringen des Klägers und denjenigen Betrag beschränken, der ihm, gegebenenfalls nach Beweisaufnahme, auf dieser Grundlage zuerkannt werden könnte. Zielt das Klagebegehren, wie im Streitfall, auf eine grundsätzlich abweichende rechtliche Beurteilung der Höhe einer angemessenen Vergütung, muss sich dieses Rechtsschutzziel im Streitwert niederschlagen. Dabei ist jedoch umso mehr Zurückhaltung geboten, desto fernliegender es erscheint, dass die rechtlichen Erwägungen des Klägers die Höhe des Vergütungsanspruchs maßgeblich bestimmen könnten.

2. Nach diesen Grundsätzen besteht keine Veranlassung, den Streitwert höher als 1 Mio. EUR festzusetzen.

Der Kläger hat aufgrund der mit der ...

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