ZPO §§ 91, 592, 600; BGB §§ 157, 133

Leitsatz

Schließen die Parteien im Nachverfahren des Urkundenprozesses einen Vergleich, in dem sie die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufheben, so werden damit alle vorangegangenen Kostenentscheidungen ohne Weiteres gegenstandslos, wenn der Vergleichsinhalt keinen Anhaltspunkt dafür liefert, dass vorangegangene gerichtliche Kostenentscheidungen aufrechterhalten bleiben sollen.

OLG Koblenz, Beschl. v. 17.2.2011 – 14 W 96/11

1 Aus den Gründen

Das fristgemäß eingelegte Rechtsmittel ist in der Sache ohne Erfolg. Der Rechtspfleger hat es zu Recht abgelehnt, im Urkundenverfahren entstandene außergerichtliche Kosten des Beklagten gegen den Kläger festzusetzen.

Einer solchen Festsetzung steht der Prozessvergleich entgegen, der die Kosten des gesamten, im Urkundenverfahren und im nachfolgenden ordentlichen Verfahren durchgängig unter demselben Aktenzeichen geführten Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben hat. Dadurch ist die vorangegangene Entscheidung des OLG, die das Urkundenverfahren betrifft, gegenstandslos geworden.

Die Kostenregelung des Vergleichs trifft für sich gesehen eine eindeutige Aussage; das räumt auch der Beklagte ein. Ob sie überhaupt gegen ihren Wortlaut interpretiert werden darf, wenn einseitig vorgetragen wird, man habe etwas anderes gewollt, als formuliert worden sei, ist schon vom Ansatz her zweifelhaft (vgl. dazu grundsätzlich Stöber in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 794 Rn 14a), weil das Kostenfestsetzungsverfahren formalisiert ist und weitestgehend von materiellen Auseinandersetzungen freigehalten werden muss (BGH MDR 2011, 135 [= AGS 2011, 6]). Daran anknüpfend wird die Auffassung vertreten, dass der Inhalt eines gerichtlichen Vergleichs im Kostenfestsetzungsverfahren nur nach dem im Vergleichsprotokoll verlautbaren Willen der Parteien beurteilt werden kann und zur Ermittlung von Vorstellungen, die in der Urkunde nicht zum Ausdruck gekommen sind, kein Raum ist (OLG Köln OLGR 1991, 50).

Das kann jedoch auf sich beruhen. Denn es ist nicht zu ersehen, dass eine falsa demonstratio vorliegen und der Parteiwille darauf gerichtet gewesen sein könnte, die Entscheidung des OLG unberührt zu lassen, indem die Kostenaufhebungsregelung auf das Nachverfahren beschränkt wurde. Aus der – behaupteten – richterlichen Äußerung, der Vergleich sei in diesem Sinne zu verstehen, erschließt sich das nicht. Dabei handelte es sich um eine Rechtsmeinung, die im Kostenfestsetzungsverfahren nicht bindet. Wenn der Beklagte kein Interpretationsrisiko eingehen wollte, hätte er sich darum bemühen müssen, dass der Vergleich eine andere, seinen Interessen dienende Formulierung erhielt.

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