Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten des Urkundenprozesses bei Vergleich im Nachverfahren
Leitsatz (amtlich)
Die gerichtliche Kostenentscheidung des Urkundenprozesses wird durch einen im Nachverfahren geschlossenen Vergleich mit Kostenaufhebung ohne weiteres gegenstandslos, wenn die Parteivereinbarung keinerlei Anhalt bietet, dass der ursprüngliche Kostentitel aufrechterhalten bleiben sollte.
Normenkette
ZPO §§ 592, 600, 91, 794 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 133, 155, 779
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 02.12.2010; Aktenzeichen 15 O 261/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 2.12.2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.
Gründe
Das fristgemäß eingelegte Rechtsmittel ist in der Sache ohne Erfolg. Der Rechtspfleger hat es zu Recht abgelehnt, im Urkundenverfahren entstandene außergerichtliche Kosten des Beklagten gegen den Kläger festzusetzen.
Einer solchen Festsetzung steht der Prozessvergleich vom 27.10.2010 entgegen, der die Kosten des gesamten, im Urkundenverfahren und im nachfolgenden ordentlichen Verfahren durchgängig unter demselben Aktenzeichen geführten Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben hat. Dadurch ist die vorangegangene Entscheidung des OLG vom 28.7.2010, die das Urkundenverfahren betrifft, gegenstandslos geworden.
Die Kostenregelung des Vergleichs trifft für sich gesehen eine eindeutige Aussage; das räumt auch der Beklagte ein. Ob sie überhaupt gegen ihren Wortlaut interpretiert werden darf, wenn einseitig vorgetragen wird, man habe etwas anderes gewollt, als formuliert worden sei, ist schon vom Ansatz her zweifelhaft (vgl. dazu grundsätzlich Stöber in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 794 Rz. 14a), weil das Kostenfestsetzungsverfahren formalisiert ist und weitestgehend von materiellen Auseinandersetzungen freigehalten werden muss (BGH MDR 2011, 135). Daran anknüpfend wird die Auffassung vertreten, dass der Inhalt eines gerichtlichen Vergleichs im Kostenfestsetzungsverfahren nur nach dem im Vergleichsprotokoll verlautbaren Willen der Parteien beurteilt werden kann und zur Ermittlung von Vorstellungen, die in der Urkunde nicht zum Ausdruck gekommen sind, kein Raum ist (OLGReport Köln 1991, 50).
Das kann jedoch auf sich beruhen. Denn es ist nicht zu ersehen, dass eine falsa demonstratio vorliegen und der Parteiwille darauf gerichtet gewesen sein könnte, die Entscheidung des OLG unberührt zu lassen, indem die Kostenaufhebungsregelung auf das Nachverfahren beschränkt wurde. Aus der - behaupteten - richterlichen Äußerung, der Vergleich sei in diesem Sinne zu verstehen, erschließt sich das nicht. Dabei handelte es sich um eine Rechtsmeinung, die im Kostenfestsetzungsverfahren nicht bindet. Wenn der Beklagte kein Interpretationsrisiko eingehen wollte, hätte er sich darum bemühen müssen, dass der Vergleich eine andere, seinen Interessen dienende Formulierung erhielt.
Der Kostenausspruch beruht auf Nr. 1812 GKG-KV und § 97 Abs. 1 ZPO.
Beschwerdewert: 3.869,64 EUR.
Fundstellen
Haufe-Index 2902785 |
JurBüro 2012, 251 |
AGS 2012, 428 |