Die Staatsanwaltschaft hat gegen den Beschuldigten Anklage wegen Vergewaltigung zum LG und wenig später wegen Urkundenfälschung zum AG erhoben. Nachdem das LG im Jahr 2007 die Hauptverhandlung nach fünf Verhandlungstagen und das AG im Folgejahr zwei Hauptverhandlungen ausgesetzt hatten, hat das LG das Verfahren wegen des Vergehensvorwurfs übernommen und zu seinem Verfahren hinzuverbunden. Im Jahr 2009 ist der Angeklagte nach zehn Verhandlungstagen durch das LG wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 100,00 EUR verurteilt und von dem Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. Nach dem rechtskräftigen Urteil fallen die notwendigen Auslagen des Angeklagten, soweit er freigesprochen worden ist, der Landeskasse zur Last.

Der Angeklagte hat Gebühren und Auslagen für seine Verteidigung i.H.v. insgesamt 7.207,29 EUR geltend gemacht. Der Rechtspfleger hat bei 14 Gebührenansätzen Abschläge vorgenommen und einen Betrag von 4.334,00 EUR anerkannt. Davon hat er eine Quote von 10 % als auf die Verurteilung entfallend abgezogen. Zu den verbleibenden 3.900,60 EUR hat er antragsgemäß die Auslagen (Nrn. 7000 und 7002 VV) sowie die Umsatzsteuer hinzugerechnet und einen Erstattungsbetrag von 4.709,01 EUR festgesetzt. Über die den achten Verhandlungstag betreffende Terminsgebühr ist dabei mangels Fälligkeit des Erstattungsanspruchs noch nicht entschieden worden.

Gegen die Festsetzung wenden sich der Angeklagte und die Bezirksrevisorin mit der sofortigen Beschwerde. Der Angeklagte erstrebt die Erstattung seiner notwendigen Auslagen im zuletzt beantragten Umfang. Die Bezirksrevisorin beantragt auf der Grundlage einer auf den Freispruch entfallenden Quote von 81 %, dem Angeklagten 4.232,05 EUR aus der Landeskasse zu erstatten.

Die Rechtsmittel sind zulässig. Dies gilt auch für die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin, obwohl sie der Auffassung ist, dass dem Angeklagten insgesamt ein die bisherige Festsetzung übersteigender Betrag, nämlich 5.102,45 EUR, zusteht. Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens und damit der sofortigen Beschwerde sind aber nur die durch den Angeklagten geltend gemachten Auslagen für das Verfahren vor dem LG. Da sie hierfür die Festsetzung eines geringeren Betrags (4.232,05 EUR) erstrebt, ist sie durch die angefochtene Entscheidung beschwert.

Das Rechtsmittel des Angeklagten ist in geringem Umfang begründet. Die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin ist unbegründet. Dem Angeklagten steht insgesamt ein Erstattungsanspruch i.H.v. 4.967,71 EUR zu.

1. Zwar entscheidet der Rechtspfleger im Falle des Teilfreispruchs grundsätzlich selbst, ob er im Kostenfestsetzungsverfahren den Erstattungsanspruch nach der Differenztheorie (vgl. hierzu ausführlich OLG Koblenz, Beschl. v. 10.9.2007 – 1 Ws 191/07; OLG Karlsruhe StV 1998, 609) oder nach sachgerechter Schätzung durch eine Quotelung bestimmt. Die Wahl der Methode steht dabei in seinem pflichtgemäßen Ermessen (vgl. Senat StraFo 2009, 261, OLG Hamm, Beschl. v. 22.1.2009 – 5 Ws 300/08; OLG Koblenz StraFo 1999, 105).

Die Entscheidung des Rechtspflegers, den Erstattungsbetrag nicht nach der Differenzmethode, sondern durch eine Quotelung nach § 464d StPO zu ermitteln, entspricht nicht pflichtgemäßem Ermessen. Denn bereits die Überlegungen des Rechtspflegers zur Anwendbarkeit der Differenztheorie sind nicht nachvollziehbar. Auch kann der Senat der Differenzierung nach "echtem Teilfreispruch" und "vollständigem Freispruch" (nach Verbindung) nicht folgen. Gleiches gilt für die Überlegungen, die zur Bestimmung der Quote führen. Warum die durch den Verteidiger in dem amtsgerichtlichen Verfahren erbrachten Bemühungen hier lediglich im Umfang "einer gewissen Tätigkeit" Eingang finden sollen, erschließt sich nicht.

Der Senat bestimmt daher im Rahmen seiner Sachentscheidungskompetenz (§ 309 Abs. 2 StPO) auch die Berechnungsmethode.

Der Senat erachtet es als zweckmäßig und daher vorzugswürdig, den Erstattungsanspruch nach der Differenzmethode zu bestimmen. Denn es besteht hier die Besonderheit, dass bekannt ist, an welchem Verhandlungstag bei dem LG über die Tat, die schließlich zur Verurteilung führte, verhandelt worden ist und dass auch über den Vergehensvorwurf vor dem AG bereits gesondert verhandelt worden ist. Die durch den Vorwurf der Urkundenfälschung erzeugten Auslagen können damit realitätsbezogen ermittelt werden; sie sind nicht nur fiktiv bestimmbar. Diesen Umstand macht die Differenzmethode, nicht aber die Bestimmung nach Bruchteilen nutzbar.

2. Bei der Differenzmethode bestimmt sich der Erstattungsanspruch dadurch, dass von dem Gesamthonorar des Verteidigers das fiktive Honorar abgezogen wird, welches ihm zustünde, wenn nur die zur Verurteilung führende Tat Gegenstand des Mandats gewesen wäre; die Differenz ist dem Angeklagten zu erstatten (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 17.4.2007 – 4 Ws 97/07; OLG Karlsruhe NStZ 1998, 317; OLG Koblenz StraFo 1999, 105, 106; OLG Hamm Rpfleger 1999, 436; KK-Gieg, StPO 6. Aufl., § 465 Rn 7).

Danach ergibt si...

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