RVG § 33; GKG § 42 Abs. 2, Abs. 4; ZPO § 256
Leitsatz
- Auch möglicherweise unzulässige Feststellungsanträge sind bei der Gegenstandswertfestsetzung zu berücksichtigen.
- Die Bemessungsgrundlage für die Streitwertfestsetzung bei wiederkehrenden Leistungen ändert sich grundsätzlich nicht deswegen, weil das Klagebegehren in einen Feststellungsantrag gekleidet ist.
- Von dem Wert eines Feststellungsantrags ist kein Abschlag vorzunehmen, wenn neben der Feststellungsklage eine Leistungsklage auf rückständige Leistungen erhoben ist.
LAG Hamburg, Beschl. v. 22.3.2012 – H 6 Ta 2/12
1 Sachverhalt
Zwischen den Parteien des Ausgangsrechtsstreits besteht ein Arbeitsverhältnis, im Rahmen dessen der Kläger als Verkäufer bei der Beklagten beschäftigt ist. Im zugrunde liegenden Ausgangsverfahren begehrte der Kläger die Feststellung (Antrag zu 1), dass ihm ein Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Umsatzprovision in Höhe vom 2 % des monatlichen Nettoumsatzes der Filiale zusteht und mit dem Antrag zu 2) die Auszahlung dieser Umsatzprovision für die Monate ab November 2010. Mit dem Antrag zu 3) begehrte der Kläger die Feststellung, er könne ein Weihnachts-/Urlaubsgeld in Höhe von je einem halben Bruttomonatsgehalt beanspruchen, welches anteilig pro Monat ausgezahlt werden müsse. Mit dem Antrag zu 4) begehrte der Kläger die Auszahlung der mit dem Antrag zu 3) geltend gemachten Beträge ab Oktober 2010.
Nach Abschluss des Verfahrens beantragte der Klägervertreter, den Gegenstandswert für das Verfahren auf bis zu 50.000,00 EUR festzusetzen. Der mit den Anträgen zu 1) und 2) geltend gemachte Betrag ist vom Klägervertreter dabei unwidersprochen auf 900,00 EUR monatlich, der mit den Anträgen zu 3) und 4) geltend gemachte Betrag ist mit monatlich 138,75 EUR angesetzt worden. Insgesamt seien die Feststellungsanträge mit dem jeweiligen 36-fachen Betrag und die Zahlungsanträge zusätzlich mit dem jeweiligen Monatsbetrag zu berücksichtigen, der bis zur Klagerücknahme angefallen sei.
Das ArbG setzte den Gegenstandswert der Klage auf den Wert der bis zur Klagerücknahme fälligen Beträge in Höhe von 12.603,75 EUR fest (12.900,00 EUR sowie 13.138,75 EUR) und teilte mit, die Feststellungsanträge zu 1) und 3) seien nicht Wert erhöhend berücksichtigt worden.
Dagegen erhob der Klägervertreter Beschwerde. Zur Begründung führt er aus, die Feststellungsanträge bezögen sich auf künftige Leistungen, die Leistungsanträge (Antrag zu 2) und zu 4) beschränkten sich hingegen auf einen zeitlich klar begrenzten Zeitraum. Beides sei zu berücksichtigen.
Das ArbG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem LAG vorgelegt. Zur Begründung führt das ArbG aus, die offensichtlich unzulässigen, weil den Vorrang der Leistungsklage missachtenden Feststellungsanträge erhöhten den Wert nicht. Die Frage, ob ein Provisions- bzw. ein Weihnachts-/Urlaubsgeld überhaupt besteht, sei im Rahmen der Leistungsanträge inzident zu prüfen. Unabhängig von der fehlenden Zulässigkeit könnten die Feststellungsanträge für die Zukunft die Rechtspflichten der Beklagten (z.B. hinsichtlich der Zahlung von Weihnachtsgeld) nicht zementieren. Mithin seien allein die Anträge zu 2) und 4) im Rahmen der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen.
Die Beschwerde hatte überwiegend Erfolg.
2 Aus den Gründen
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für den Rechtsstreit beträgt 37.395,00 EUR.
a) Der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit bemisst sich gem. § 23 Abs. 1 RVG im Streitfall nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Vorschriften.
b) Die Bewertung der zukunftsbezogenen Feststellungsanträge des Klägers (Anträge zu 1. und 3.) richtet sich vorliegend nach der für den Gebührenwert maßgeblichen Sonderbestimmung bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen in § 42 Abs. 2 GKG. Danach sind entsprechende Klageanträge mit dem dreifachen Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistung zu bewerten, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistung geringer ist. Die Bemessungsgrundlage für die Streitwertfestsetzung bei wiederkehrenden Leistungen ändert sich grundsätzlich nicht deswegen, weil das Klagebegehren in einen Feststellungsantrag gekleidet ist (vgl. Schwab/Weth ArbGG 3. Aufl. § 12 Rn 183; LAG Rheinland-Pfalz 2.11.2011 – 1 Ta 187/11).
Dies bedeutet im Streitfall, dass für die Feststellungsanträge ein Gegenstandswert in Höhe des 36-fachen geltend gemachten Betrags der begehrten wiederkehrenden Leistung (900,00 EUR + 138,75 EUR = 1.038,75 EUR), mithin 37.395,00 EUR festzusetzen ist.
Entgegen der Ansicht des ArbG im angefochtenen Beschluss kommt es auf eine etwaige Unzulässigkeit der Anträge für die Wertfestsetzung nicht an. Sie hat allenfalls Auswirkungen auf die Erfolgsaussichten. Maßgebend für die Festsetzung des Gegenstandswertes ist das wirtschaftliche Interesse der Prozesspartei am Ausgang des Rechtsstreits wie es im Antrag seinen Niederschlag gefunden hat (vgl. LAG Niedersachsen 7.12.2009 – 8 Ta 516/09).
c) Dem so ermittelten Wert des Feststellungsantrags sind die Werte der Leistungsanträge zu 2) und 4) gem. § 42 Abs. 4 S. 1, Hs. 2 GKG nich...