FamGKG §§ 45 Abs. 1 Nr. 1, 42 Abs. 2, 45 Abs. 3, 39 Abs. 1 S. 2
Leitsatz
Sind im Rahmen einer selbstständigen Kindschaftssache unterschiedliche Teilbereiche der elterlichen Sorge verfahrensgegenständlich (hier: Verpflichtung der Eltern zur Beantragung von Familienhilfe und Ersetzung der Schweigepflichtentbindung des Kinderarztes und der Kita gegenüber dem Jugendamt), bestimmt sich der Verfahrenswert auch bei wechselseitigen Anträgen oder Haupt- und Hilfsbegehren nicht durch Einzelbewertung und Wertaddition, sondern einheitlich nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 (gegebenenfalls i.V.m. Abs. 3) FamGKG.
OLG Celle, Beschl. v. 3.5.2012 – 10 WF 103/12
1 Sachverhalt
Die Antragsgegner sind die Eltern der drei betroffenen sowie eines weiteren, im Laufe des Verfahrens geborenen Kindes. Nachdem es Erkenntnisse über einen diesbezüglichen Bedarf erlangt hatte und die Kindeseltern ein diesbezügliches Handeln abgelehnten, hat das Jugendamt das vorliegende Verfahren eingeleitet mit dem Antrag, den Kindeseltern die Beantragung einer ambulanten Unterstützung durch eine sozialpädagogische Familienhilfe aufzugeben.
Nachdem in einem Anhörungstermin eine abschließende Klärung der Problematik nicht möglich war, hat das FamG für die Kinder einen Verfahrensbeistand mit erweitertem Aufgabenkreis bestellt sowie nach Vorliegen der entsprechenden Unterlagen den Kindeseltern Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten bewilligt. Im weiteren Verfahren haben die Kindeseltern einer zur weiteren Aufklärung der gesundheitlichen Situation der Kinder durch das Jugendamt erbetenen Entbindung der behandelnden Kinderarztpraxis sowie der Kita von der Schweigepflicht widersprochen. Daraufhin hat das Jugendamt, dem von den Kindeseltern mittlerweile jegliche Information sowie ein Zutritt zur Wohnung versagt wurde, hilfsweise beantragt, die Schweigepflichtentbindung der Eltern für die behandelnden Kinderärzte sowie die Kita gegenüber der Sachbearbeiterin des Jugendamtes familiengerichtlich zu ersetzen.
Nach weiteren schriftlichen Berichten des Verfahrensbeistandes sowie des Jugendamtes hat das FamG den Antrag zurückgewiesen, den Kindeseltern die Beantragung ambulanter sozialpädagogischer Familienhilfe aufzugeben. Es hat weiter von der Erhebung von Gerichtskosten abgesehen und angeordnet, dass die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Den Verfahrenswert hat es auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Später hat das Jugendamt berichtet, dass es mittlerweile aufgrund der kategorischen Verweigerung durch die Kindeseltern über keinerlei Informationsmöglichkeiten zum Zustand der Kinder verfüge und im Folgenden an den noch nicht beschiedenen "Hilfsantrag" zur Ersetzung der Schweigerechtentbindung erinnert. Das FamG daraufhin seinen Antrag dahin ergänzt, dass auch der weitere Antrag des Jugendamtes zurückgewiesen wird.
Gegen die Verfahrenswertfestsetzung auf 3.000,00 EUR wendet sich der Verfahrensbevollmächtigte der Kindeselter, mit dem eine Festsetzung auf 9.000,00 EUR erstrebt wird. Dazu wird geltend gemacht, das "Ausgangsverfahren über die Entziehung der elterlichen Sorge" habe nach § 45 FamFG einen Verfahrenswert von 3.000,00 EUR. Die "vom Jugendamt verursachten" Hilfsanträge zur Ersetzung der Einwilligung zur Schweigepflichtentbindung von Kita und Kinderarzt hätten einen "Auffangwert von weiteren je 3.000,00 EUR nach § 42 Abs. 2 und 3 i.V.m. § 39 Abs. 1 S. 1 FamGKG, die allesamt zusammenzurechnen seien."
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Zutreffend hat das AG den Verfahrenswert im vorliegenden Verfahren auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
a) Gegenstand des Verfahrens waren verschiedene Teilbereiche der elterlichen Sorge. Dabei stand zunächst entsprechend dem Antrag des Jugendamtes im Vordergrund die Frage eines Eingriffes in die elterliche Sorge hinsichtlich der von den Kindeseltern abgelehnten Beantragung einer ambulanten sozialpädagogischen Familienhilfe; dieser Antrag begehrte eine Maßnahme nach § 1666 Abs. 3 Nr. 1 BGB, mit der die elterliche Sorge den Kindeseltern teilweise entzogen und sie insofern auf ein konkretes Verhalten verpflichtet worden wären.
In der Folgezeit hat das Jugendamt – offenkundig zur Vorbereitung seiner Stellungnahme im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens – eine Schweigepflichtentbindung der Kita und der Kinderarztpraxis durch die Eltern erbeten, die von diesen ausdrücklich verweigert worden war. Nachdem die Kindeseltern dem Jugendamt dann auch im übrigen jegliche Information zum Zustand der Kinder verweigerten, hat das Jugendamt in der Hauptsache für den Fall der Zurückweisung des Antrages auf Verpflichtung der Kindeseltern zum Familienhilfe-Antrag alternativ eine Ersetzung der Schweigepflichtentbindungserklärung der die elterliche Sorge ausübenden Kindeseltern durch das Gericht erstrebt, um zumindest auf diesem Wege eine Informationsmöglichkeit bei einer weiteren Zuspitzung der Situation zu behalten. Dies zielte auf eine Maßnahme gem. § 1666 Abs. 3 Nr. 5 BGB ab, die ebenfalls eine teilweise Entziehung der elterlichen Sorge der Kindeseltern i...