Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Wertaddition in Verfahren bezüglich unterschiedlicher Teile der elterlichen Sorge
Leitsatz (amtlich)
Sind im Rahmen einer selbständigen Kindschaftssache unterschiedliche Teilbereiche der elterlichen Sorge verfahrensgegenständlich (hier: Verpflichtung der Eltern zur Beantragung von Familienhilfe und Ersetzung der Schweigepflichtsentbindung des Kinderarztes und der Kita gegenüber dem Jugendamt), bestimmt sich der Verfahrenswert auch bei wechselseitigen Anträgen oder Haupt- und Hilfsbegehren nicht durch Einzelbewertung und Wertaddition, sondern einheitlich nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 (ggf. i.V.m. Abs. 3) FamGKG.
Normenkette
FamGKG § 45 Abs. 1 Nr. 1, § 39 Abs. 1 S. 2, § 42 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 20.10.2011; Aktenzeichen 627 F 1132/11) |
Tenor
Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Kindeseltern gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes im Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 20.10.2011 wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 59 Abs. 3 FamGKG).
Gründe
I. Die Antragsgegner sind die Eltern der drei betroffenen sowie eines weiteren, im Laufe des Verfahrens geborenen Kindes. Nachdem es Erkenntnisse über einen diesbezüglichen Bedarf erlangt hatte und die Kindeseltern ein diesbezügliches Handeln abgelehnten, hat das Jugendamt am 2.3.2011 das vorliegende Verfahren eingeleitet mit dem Antrag, den Kindeseltern die Beantragung einer ambulanten Unterstützung durch eine sozialpädagogische Familienhilfe aufzugeben.
Nachdem in einem Anhörungstermin am 6.4.2011 eine abschließende Klärung der Problematik nicht möglich war, hat das AG für die Kinder einen Verfahrensbeistand mit erweitertem Aufgabenkreis bestellt sowie nach Vorliegen der entsprechenden Unterlagen den Kindeseltern Verfahrenskostenhilfe (VKH) unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten bewilligt. Im weiteren Verfahren haben die Kindeseltern einer zur weiteren Aufklärung der gesundheitlichen Situation der Kinder durch das Jugendamt erbetenen Entbindung der behandelnden Kinderarztpraxis sowie der Kita von der Schweigepflicht widersprochen. Daraufhin hat das Jugendamt, dem von den Kindeseltern mittlerweile jegliche Information sowie ein Zutritt zur Wohnung versagt wurde, hilfsweise beantragt, die Schweigepflichtsentbindung der Eltern für die behandelnden Kinderärzte sowie die Kita gegenüber der Sachbearbeiterin des Jugendamtes familiengerichtlich zu ersetzen.
Nach weiteren schriftlichen Berichten des Verfahrensbeistandes sowie des Jugendamtes hat das AG mit Beschluss vom 20.10.2011 den Antrag zurückgewiesen, den Kindeseltern die Beantragung ambulanter sozialpädagogischer Familienhilfe aufzugeben. Es hat weiter von der Erhebung von Gerichtskosten abgesehen und angeordnet, dass die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Den Verfahrenswert hat es auf 3.000 EUR festgesetzt.
Mit Schreiben vom 6.12.2011 hat das Jugendamt berichtet, dass es mittlerweile aufgrund der kategorischen Verweigerung durch die Kindeseltern über keinerlei Informationsmöglichkeiten zum Zustand der Kinder verfüge und im Folgenden an den noch nicht beschiedenen "Hilfsantrag" zur Ersetzung der Schweigerechtsentbindung erinnert. Mit Beschluss vom 7.2.2012 hat das AG seinen Beschluss vom 20.10.2011 dahin ergänzt, dass auch der weitere Antrag des Jugendamtes zurückgewiesen wird.
Gegen die Verfahrenswertfestsetzung auf 3.000 EUR wendet sich der Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten der Kindeseltern vom 13.2.2012, mit dem - neben einer Kostenauferlegung auf das Jugendamt - eine Festsetzung auf 9.000 EUR erstrebt wird. Dazu wird geltend gemacht, das "Ausgangsverfahren über die Entziehung der elterlichen Sorge" habe nach § 45 FamFG einen Verfahrenswert von 3.000 EUR. Die "vom Jugendamt verursachten" Hilfsanträge zur Ersetzung der Einwilligung zur Schweigepflichtsentbindung von Kita und Kinderarzt hätten einen "Auffangwert von weiteren je 3.000 EUR" nach § 42 Abs. 2 und 3 i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 2 FamGKG, die allesamt zusammenzurechnen seien.
II.1. Die Beschwerde ist - ungeachtet ihrer undifferenzierten Verknüpfung mit einer selbständigen Beschwerde der Kindeseltern gegen die Kostenentscheidung - als eine solche des Verfahrensbevollmächtigten der Kindeseltern auszulegen und - nur - als solche gem. §§ 32 Abs. 2 RVG, 59 Abs. 1 FamGKG statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, namentlich ist sie in der Frist der §§ 59 Abs. 1 Satz 3, 55 Abs. 3 FamGKG erhoben und übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 200 EUR. Bei vorliegend vom Verfahrensbevollmächtigten der Kindeseltern abzurechnenden 2,8 Gebühren (nach Nrn. 3100 i.V.m. 1008 sowie 3104 RVG-VV) ergibt sich zwischen den Abrechnungen nach einem Verfahrenswert von 3.000 EUR bzw. 9.000 EUR eine Differenz von ((449 EUR - 189 EUR =) 260 EUR * 2,8 = 520 EUR * 1,19 % =) 618,80 EUR.
2. Die Beschwerde ist jedoch in der Sache unbegründet. Zutreffend hat das AG den Verfahrenswert im vorliegenden Verf...