Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostentragung des in Kindschaftssachen zum Beteiligten gewordenen Jugendamts
Leitsatz (amtlich)
Es entspricht nicht der Billigkeit i.S.v. § 81 Abs. 1 FamFG, dem im Rahmen seiner Aufgabenstellung in Kindschaftssachen tätigen und durch Antragstellung (§ 7 Abs. 1 FamFG) oder auf Antrag (§ 162 Abs. 2 FamFG) zum Beteiligten gewordenen Jugendamt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ganz oder teilweise aufzuerlegen. Eine Kostenauferlegung auf das Jugendamt kommt in diesen Fällen vielmehr allein unter den engen Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 FamFG in Betracht.
Normenkette
FamFG § 81 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 07.02.2012; Aktenzeichen 627 F 1132/11) |
Tenor
Die Beschwerde der Kindeseltern gegen die Kostenentscheidung im Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 7.2.2012 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: Gebührenstufe bis 900 EUR
Gründe
I. Die Antragsgegner sind die Eltern der drei betroffenen sowie eines weiteren, im Laufe des Verfahrens geborenen Kindes. Hinsichtlich der drei betroffenen Kinder wurden erhebliche Unregelmäßigkeiten bei der gesundheitlichen Versorgung festgestellt. So wurde etwa M. trotz entsprechender Probleme und ungeachtet wiederholter Erinnerungen des Jugendamtes nicht beim Zahnarzt vorgestellt und es wurden wiederholt Termine zur Durchführung der Vorsorgeuntersuchungen (U8) nicht wahrgenommen. Nach Hinweisen der Kita-Leitung litten M. und F. häufig an Erkältungskrankheiten; insofern wurde wiederholt nicht witterungsangemessene Bekleidung festgestellt und anlässlich eines Hausbesuches der Sachbearbeiterin des Jugendamtes von der Kindesmutter angegeben, aus Kostengründen werde nur ein Raum der Wohnung geheizt. Nach Einschätzung des Jugendamtes war die - angesichts der ganztägigen Berufstätigkeit des Kindesvaters - die Kinder im Alltag im Wesentlichen allein betreuende Kindesmutter erheblich überfordert. Das Jugendamt hat daraufhin am 2.3.2011 das vorliegende Verfahren eingeleitet mit einer entsprechenden Information des AG und mit dem Antrag, den Kindeseltern die Beantragung einer ambulanten Unterstützung durch eine sozialpädagogische Familienhilfe aufzugeben. Die Kindeseltern traten dem entgegen.
Das AG hat umgehend einen Anhörungstermin anberaumt und den Kindeseltern vorbereitend die Vorlage verschiedener Unterlagen aufgegeben. Nachdem im Rahmen der umfänglichen Anhörung der erwachsenen Beteiligten am 6.4.2011 eine abschließende Klärung der Problematik nicht möglich war, hat das AG für die Kinder einen Verfahrensbeistand mit erweitertem Aufgabenkreis bestellt sowie nach Vorliegen der entsprechenden Unterlagen den Kindeseltern Verfahrenskostenhilfe (VKH) unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten bewilligt. Im weiteren Verfahren haben die Kindeseltern einer zur weiteren Aufklärung der gesundheitlichen Situation der Kinder durch das Jugendamt erbetenen Entbindung der behandelnden Kinderarztpraxis sowie der Kita von der Schweigepflicht widersprochen. Daraufhin hat das Jugendamt hilfsweise beantragt, die Schweigepflichtsentbindung der Eltern für die behandelnden Kinderärzte sowie die Kita gegenüber der Sachbearbeiterin des Jugendamtes familiengerichtlich zu ersetzen. Die Kindeseltern sind auch dem entgegengetreten.
Sowohl der Verfahrensbeistand als auch das Jugendamt haben im Weiteren ergänzend schriftlich berichtet. Dabei wurde dem Jugendamt von den Kindeseltern mittlerweile kategorisch der Zutritt zur Wohnung der Familie verweigert und jeglicher auch zukünftiger Zusammenarbeit eine Absage erteilt. Nach - auch vom Verfahrensbeistand durch den Kindergarten zugetragenen - Berichten aus der Nachbarschaft soll es erhebliche Vorbehalte gegen die Familie geben, wobei lautstarke Beschimpfungen gegenüber anderen Kindern, deren Bewerfen mit Steinen und Stöcken sowie die Verwendung heftiger Kraftausdrücke angegeben werden.
Gegenüber Rechtsanwältin D. haben sowohl der Kindergarten als auch die behandelnden Ärzte "erhebliche" bzw. "deutliche", wenn auch "nicht dramatische" Probleme angegeben; dabei wurden die Bedenken des Jugendamtes hinsichtlich einer allgemeinen Überforderung der Kindesmutter, hinsichtlich der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Kinder sowie deren teilweise nicht angemessenen Bekleidung ausdrücklich bestätigt. Darüber hinaus wurden noch Schwierigkeiten F. im Kindergarten vor allem auch aufgrund mangelnder Hygiene berichtet. Allseits wurde die Installation einer Familienhilfe für sehr wünschenswert angesehen. Später wurde bekannt, dass die Kindeseltern nach der zwischenzeitlichen Geburt eines vierten Kindes einen Umzug beabsichtigten, durch den auch ein Wechsel des Kindergartens in Rede stand.
Der Verfahrensbeistand hat sich letztlich dahin geäußert, dass eine Familienhilfe zwar sehr wünschenswert, aber nicht zwingend notwendig sei; angesichts der massiven Ablehnung durch die Kindeseltern wäre eine entsprechende Anordnung jedoch nicht sinnvoll sondern möglicherweise kontraproduktiv, da sie zu einer Absc...