Leitsatz
- Beauftragen Eltern einen Rechtsanwalt, Schadensersatzansprüche ihres minderjährigen Kindes F geltend zu machen (hier Arzthaftungsansprüche wegen Behandlungsfehlers anlässlich der Geburt), so sind die Eltern Auftraggeber und damit Vergütungsschuldner, sofern nichts Anderweitiges vereinbart worden ist.
- Dabei ist unerheblich, ob der Anwalt die Ansprüche im Namen des Kindes geltend macht und im Namen des Kindes (gesetzlich vertreten durch die Eltern) einen Vergleich schließt.
OLG Schleswig, Urt. v. 3.5.2016 – 11 U 123/15
1 Sachverhalt
Der Kläger betreibt eine Anwaltskanzlei, die sich auf Arzthaftungsrecht anlässlich Geburtsschäden spezialisiert hat. Dort meldeten sich die Beklagten per E-Mail und baten den Kläger, Schadensersatzansprüche ihres gemeinsamen Kindes F. geltend zu machen, das bei der Geburt schwer geschädigt worden war.
Der Anwalt hat das Mandat angenommen. Es kam zu umfangreichen Verhandlungen, bei denen Schadensersatzansprüche in Höhe von 1,5 Mio. EUR geltend gemacht wurden. Es kam dann schließlich zu einem Vergleich, wonach sich die behandelnden Ärzte sowie das Krankenhaus zur Zahlung eines Betrags in Höhe 1 Mio. EUR verpflichteten. Gleichzeitig verpflichteten sie sich, eine Geschäftsgebühr nebst Auslagen aus dem Wert von 1 Mio. EUR im Wege des Schadensersatzes zu übernehmen. Der Anwalt rechnete hiernach gegenüber den Beklagten seine weitergehende Vergütung (Vergütung aus 1,5 Mio. EUR abzüglich der gezahlten Vergütung der Gegenseite aus 1 Mio. EUR) ab. Die Beklagten zahlten nicht. Daraufhin erhob der Anwalt Klage gegen die Beklagten. Diese ließen sich dahingehend ein, nicht sie seien Vergütungsschuldner, sondern das gemeinsame Kind. Insoweit liege allerdings noch keine ordnungsgemäße Abrechnung vor. Der Anwalt hat daraufhin vorsorglich eine Rechnung auf den Namen des Kindes erteilt. Hiernach wurde dann der Rechnungsbetrag auch ausgeglichen. Die Beklagten weigerten sich allerdings, die vorgerichtlich entstandenen Kosten durch Einschaltung eines anderen Anwalts zu übernehmen. Sie widersprachen auch der Erledigung der Hauptsache. Das LG hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, nicht die Eltern, sondern das Kind sei Auftraggeber gewesen. Es habe also zunächst einmal keine ordnungsgemäße Rechnung vorgelegen. Diese sei erst im Laufe des Prozesses mitgeteilt worden. Damit sei die Klage von Anfang an unbegründet gewesen. Die hiergegen erhobene Berufung hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Zwischen den Parteien ist ein Rechtsanwaltsvertrag geschlossen worden.
Die Beklagten haben den Kläger beauftragt, Schadensersatzansprüche ihres Sohnes durchzusetzen. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Die Beklagten handelten dabei auch nicht ausschließlich im Namen von F., sondern zumindest auch im eigenen Namen. Sie wurden mithin durch den Anwaltsvertrag selbst zur Honorarzahlung verpflichtet.
Die Beklagten haben schon nicht substantiiert dargelegt, jedenfalls aber nicht bewiesen, dass sie ihre Willenserklärung gem. § 164 Abs. 1 S. 2 BGB konkludent in fremdem Namen – nämlich in F. Namen – abgegeben haben. Dass den Beklagten dieser Beweis obliegt, dass also nicht etwa umgekehrt der Kläger zu beweisen hat, dass die Beklagten ihm den Auftrag in eigenem Namen erteilten, ergibt sich daraus, dass es die Beklagten sind, die die für sie günstigere Rechtsfolge des § 164 Abs. 1 BGB für sich in Anspruch nehmen. Darlegungs- und beweisbelastet für ein Vertretergeschäft ist derjenige, der dieses Vertretergeschäft behauptet (vgl. BGH NJW 1986, 1675). Auch aus § 164 Abs. 2 BGB ergibt sich nichts Anderes. Diese Vorschrift schließt nur die Anfechtbarkeit einer versehentlich in eigenem Namen abgegebenen Willenserklärung aus.
Der Inhalt des Auftrags, der nämlich die Ansprüche betraf, die ersichtlich nicht den Beklagten selbst, sondern nur F. zustanden, stellt keinen Umstand dar, der zwingend für die Annahme spricht, dass allein F. Vertragspartner sein sollte.
Vielmehr kann ein Auftraggeber den Rechtsanwalt ohne Weiteres auch in eigenem Namen mit der Geltendmachung der Ansprüche eines Dritten beauftragen; nur die hierzu erforderliche Vollmacht muss er dem Anwalt natürlich im Namen des Dritten erteilen. Gegen die Annahme, dass die Beklagten auch bei der Auftragserteilung konkludent im Namen F. handelten, spricht vor allem der Gesichtspunkt, dass die Parteien bei Mandatserteilung noch gar nicht wissen konnten, ob die Arbeit des Klägers erfolgreich sein würde. Wenn seine Arbeit aber erfolglos geblieben wäre, hätte F. – soweit ersichtlich – keine Mittel gehabt, mit denen er den Kläger hätte bezahlen können. Deshalb musste auch dem Beklagten bei Vertragsschluss klar sein, dass der Kläger ein Interesse daran hatte, dass ihm derjenige als Vertragspartei gegenüberstand, dessen Zahlungsfähigkeit nicht vom Erfolg seiner Arbeit abhing. Und dies waren nur die Beklagten selbst.
3 Anmerkung
Dieser Fall zeigt wieder einmal, wie wenig Gedanken sich viele Anwälte bei Auftragserteilung über Art und Umfang des erteilten Auftrags und auch über die Person des Auftraggebers machen. (Zahlungspflicht...