Die Grundgebühr (gem. Nr. 4100 VV) in Höhe von 200,00 EUR ist angefallen, da diese neben der Verfahrensgebühr für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall bei der Übernahme des Mandats entsteht.
Gegen die Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug vor dem AG (gem. Nr. 4106 VV) in Höhe von 165,00 EUR bestehen keine Bedenken, da dem hier Prozessbevollmächtigten erst nach Eingang der Anklageschrift bei Gericht Strafprozessvollmacht durch die ehemals Angeklagte erteilt wurde und er erst ab diesem Zeitpunkt seine Tätigkeit mit der Anforderung der Akten zur Einsichtnahme begann.
Auch sind in der Folge die in diesem Verfahrensstadium geltend gemachten Auslagenpauschalen für Kopien und Ausdrucke aus Behörden- und Gerichtsakten und für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in jeweils oben aufgeführter Höhe entstanden.
Gegen die Festsetzung der soeben aufgeführten Beträge bestanden durch die angeforderte Stellungnahme der Bezirksrevisorin beim LG keine Bedenken. Einwendungen wurden bloß gegen die darüber hinaus beantragten Auslagen erhoben. Demnach sei keine Gebühr für das Vorverfahren nach 4104 VV angefallen, da diese nicht rückwirkend nach einer Anklagerücknahme entstehen könne. Auch die weitere Gebühr für die entbehrlich gewordene Hauptverhandlung nach Nr. 4141 VV sei nicht angefallen, da keine Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten an der Einstellung des Verfahrens ersichtlich sei.
Diese Ausführungen können im Ergebnis nicht überzeugen. Vielmehr sind auch diese geltend gemachten Posten dem Antragsteller zu erstatten.
Das gerichtliche Hauptverfahren wurde vorliegend noch nicht eröffnet, so dass die Staatsanwaltschaft die Anklage noch jederzeit zurücknehmen konnte, vgl. § 156 StPO. Als sie dies schlussendlich tat, versetzte sie damit das Verfahren in den Stand des Ermittlungsverfahrens/vorbereitenden Verfahrens zurück (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 57. Aufl., § 156 Rn 2), weshalb die Verfahrensgebühr Ermittlungsverfahren (gem. Nr. 4104 VV) in Höhe von 165,00 EUR zusätzlich angefallen ist. Das Legalitätsprinzip (§ 152 Abs. 2 StPO) wird durch die Rücknahme jedoch nicht berührt. Die Rücknahme kann darauf beruhen, dass die Klage nachträglich als unbegründet erscheint. In diesem Fall kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren nach der Rücknahme der Klage einstellen, was vorliegend schließlich auch erfolgte. Dass eine Rücknahme der Anklage automatisch eine Einstellungsentscheidung nach § 170 Abs. 2 StPO nach sich zieht, ist hingegen nicht zwingend der Fall. Ebenso hätte die Klage erneut oder in abgeänderter Form eingereicht werden können. Auch kann die Rücknahme den Zweck verfolgen, das Verfahren nach den Opportunitätsbestimmungen der §§ 153 ff. StPO einzustellen. Durch die erfolgte Rücknahme der Klage ist vorliegend weder partielle, noch vollständige materielle Rechtskraft in dem Strafverfahren gegen die ehemals Angeklagte eingetreten.
Auch die Gebühr für die entbehrliche Hauptverhandlung (gem. Nr. 4141 VV) in Höhe von 165,00 EUR ist angefallen. In Nr. 4141 Anm. 1 S. 1 Nr. 1 VV ist der Fall der Einstellung des Strafverfahrens geregelt. In welchem Verfahrensstadium die Einstellung erfolgt, ist ohne Bedeutung. Anm. 1 S. 1 Nr. 1 enthält keine zeitliche Beschränkung mit Ausnahme des Umstandes, dass durch die Einstellung eine Hauptverhandlung entbehrlich geworden sein muss. Die Einstellung kann also sowohl im vorbereitenden als auch noch im gerichtlichen Verfahren erfolgen (vgl. Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 4. Aufl., Nr. 4141 VV Rn 19). Unerheblich ist auch, ob die Staatsanwaltschaft oder das Gericht das Verfahren einstellt. Nr. 4141 Anm. 1 S. 1 Nr. 1 VV setzt jedoch eine nicht nur vorläufige Einstellung des Strafverfahrens voraus. Mit diesem Begriff ist nicht der prozessuale Begriff der "vorläufigen Einstellung", wie er z.B. in § 154 Abs. 1 StPO verwandt wird, im Gegensatz zur endgültigen Einstellung gemeint. Der prozessuale und der gebührenrechtliche Begriff der vorläufigen Einstellung unterscheiden sich vielmehr. Gemeint ist mit "nicht nur vorläufig" i.S.d. RVG, dass Staatsanwaltschaft und/oder Gericht subjektiv von einer endgültigen Einstellung ausgegangen sind, sie also das Ziel einer endgültigen Einstellung hatten (AnwK-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn 33 ff.; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn 16; Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV Rn 20). Eine wie vorliegend ergangene Einstellungsentscheidung nach § 170 Abs. 2 S. 1 StPO ist auch nach Rücknahme der Anklage ein solcher Anwendungsfall der Nr. 4141 Anm. 1 S. 1 Nr. 1 VV (vgl. LG Köln StV 2004, 34 = AGS 2003, 544). Auch hat der hiesige Prozessbevollmächtigte an der Entbehrlichkeit der Hauptverhandlung mitgewirkt. Als Mitwirkung reicht jede Tätigkeit des Verteidigers aus, die geeignet ist, das Verfahren im Hinblick auf eine Erledigung durch Einstellung zu fördern (vgl. u.a. BGH RVGreport 2008, 431 = AGS 2008, 491; OLG Stuttgart AGS 2010, 202). Es ist unerheblich, in welchem Verfahrensabschnitt die Mitwirkung erbracht wird (vgl. auch Burhoff, RVG Straf- und Bußgeld...