RVG § 31b RVG VV Nrn. 1000, 3104, 3105, Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2

Leitsatz

  1. Führen die Anwälte nach Zustellung der Klage eine Besprechung, in der sie vereinbaren, dass der Beklagte gegen sich ein Versäumnisurteil ergehen lässt, und wird ihm für diesen Fall eine Ratenzahlung nachgelassen, so löst diese Besprechung eine volle 1,2-Terminsgebühr aus dem Wert der Klageforderung aus.
  2. Hinzu kommt auch eine Einigungsgebühr, allerdings nur aus einem Wert von 20 % der Klageforderung, da insoweit nur eine bloße Zahlungsvereinbarung vorliegt.

OLG München, Beschl. v. 21.3.2014 – 11 W 457/14

1 Sachverhalt

Die in vollem Umfang erstattungsberechtigte Klägerin wendet sich dagegen, dass die Festsetzung der beantragten Einigungsgebühr und der Ansatz einer 1,2-Terminsgebühr nach der Vorbem. 3 Abs. 3 VV abgelehnt wurden.

Zur Begründung wird ausgeführt, nach der Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 1000 VV entstehe eine Einigungsgebühr mindestens in Höhe des Gegenstandswerts nach § 31b RVG, wenn die Erfüllung des Anspruchs bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf die gerichtliche Geltendmachung und, wenn bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliege, bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen geregelt werde. Wenn man sich eng am Wortlaut der Vorbemerkung orientiere, liege hier tatsächlich keine der beiden Varianten vor, da der Anspruch zum Zeitpunkt des Gesprächs mit dem Beklagten zwar rechtshängig, jedoch noch nicht tituliert gewesen sei. Aus dem Gesetzgebungsverfahren lasse sich jedoch kein Hinweis dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber bei der hier gegebenen Konstellation den Anfall der Einigungsgebühr habe negieren wollen. Ziel der Neuregelung sei vielmehr die Lösung der bis dahin nicht einheitlich beantworteten Frage gewesen, ob die Mitwirkung an Ratenzahlungsvereinbarungen eine Einigungsgebühr auslösen sollte. Dies habe der Gesetzgeber bejaht. Bei der hier gegebenen Konstellation tue der Rechtsanwalt ersichtlich mehr als lediglich eine Zahlungsvereinbarung zu treffen, da er zugleich seiner Partei zu einem vollstreckbaren Anspruch verhelfe. Ein Ergebnis dahin, dass in diesem Fall die Einigungsgebühr nicht verdient werde, sei sicher nicht gewollt gewesen.

Auch eine Terminsgebühr nach der Vorbem. 3 Abs. 3 VV sei angefallen. Es gehöre zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung eines Verfahrens, wenn der Schuldner nach Absprache mit dem Prozessbevollmächtigten des Gläubigers ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lasse und dagegen keinen Einspruch einlege. Hierdurch würde oft ein langwieriges und kostspieliges Verfahren erspart bleiben. Dieses Vorgehen sei vergleichbar mit der Anerkennung des Klageanspruchs. Ein auf Absprache beruhendes Anerkenntnis löse aber die Terminsgebühr aus.

Die sofortige Beschwerde hatte Erfolg.

2 Aus den Gründen

Entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin ist im vorliegenden Fall sowohl eine Einigungsgebühr aus einem verminderten Streitwert als auch eine volle Terminsgebühr angefallen.

1. Es trifft zu, dass die durch das 2. KostRMoG geschaffene Neuregelung in Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV zu Nr. 1000 VV, durch die der Anfall einer Einigungsgebühr im Falle einer Zahlungsvereinbarung klargestellt werden sollte, im vorliegenden Fall ihrem Wortlaut nach nicht eingreift. Ein vorläufiger Verzicht auf die gerichtliche Geltendmachung scheidet von Anfang an aus, da das Klageverfahren bereits eingeleitet war. Auch ein Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen scheidet aus, da ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel gerade noch nicht vorlag. Daraus kann entgegen der Auffassung des Erstgerichts jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass im Falle einer Zahlungsvereinbarung hinsichtlich eines unstreitigen, noch nicht titulierten Anspruchs der Anfall einer Einigungsgebühr von Anfang an ausgeschlossen sein soll. Vielmehr ist bereits nach dem bisherigen Recht im Falle der Einigung über einen anhängigen, nicht streitigen Anspruch in Form einer Ratenzahlungsvereinbarung wegen des Interesses des Gläubigers an der Schaffung eines Vollstreckungstitels der Anfall der Einigungsgebühr bejaht worden (vgl. für die frühere Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO: BGH NJW-RR 2005, 1303 [= AGS 2005, 140]; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., VV 1000 Rn 227). Hieran sollte durch die neue Regelung durch den Gesetzgeber ersichtlich nichts geändert werden (vgl. nunmehr Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., VV 1000, Rn 198). Wenn die Titulierung, wie im vorliegenden Fall, nicht unmittelbar in einem Vergleich erfolgt, sondern in der Weise, dass der Beklagte ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lässt, kann jedenfalls dann nichts anderes gelten, wenn ihm für den Fall des Verzichts auf einen Einspruch gegen das Versäumnisurteil die Möglichkeit der Ratenzahlung gewährt wird. Schon bisher bestand in derartigen Fällen allenfalls Streit darüber, ob die Einigungsgebühr aus dem vollen Gegenstandswert oder nur einem Bruchteil hieraus anfällt. Dieser Streit ist hier jedoch ohne Belang, da die Beklagte von sich aus nur den nun...

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