ZPO §§ 91, 92
Leitsatz
Die Kosten einer erfolgreichen Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss sind gegeneinander aufzuheben, wenn der Erinnerungsgegner der Erinnerung nicht entgegentritt und er die fehlerhafte Wertfestsetzung nicht veranlasst hat.
LG Bielefeld, Beschl. v. 7.6.2017 – 3 O 27/16
1 Sachverhalt
Die Beklagte hatte zunächst gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss Nr. 1 des LG Erinnerung eingelegt (nachfolgend Erinnerungsverfahren 1), woraufhin dieser abgeholfen und der Kostenfestsetzungsbeschluss aufgehoben worden ist.
Die Beklagte hatte sich insoweit erfolgreich gegen die Verrechnung der von der Klägerin eingezahlten Gerichtskosten gem. § 31 Abs. 3 GKG mit dem Argument gewendet, dass aufgrund der Bewilligung von ratenfreier Prozesskostenhilfe zugunsten der Beklagten der Klägerin die Gerichtskosten, die auf die Beklagte entfallen, aus der Landeskasse zurückzuzahlen sind.
Nach Stattgabe der Erinnerung hatte die Beklagte beantragt, den Beschluss des LG dahingehend zu ergänzen, dass die Kosten des Erinnerungsverfahrens 1 vom Erinnerungsgegner zu tragen sind.
Zur Begründung hat sie angeführt, dass im Erinnerungsverfahren gesonderte Anwaltskosten anfielen und eine Kostenentscheidung des Gerichts notwendig sei.
Sie hat die Ansicht vertreten, die mit dem Erinnerungsverfahren 1 angegriffene fehlerhafte Kostenentscheidung sei aufgrund eines Antrags der Klägerin ergangen. Unabhängig davon gelte zwingend § 91 ZPO. Aus diesem Grund seien die Kosten von der unterlegenen Partei, also der Klägerin zu tragen.
Die Klägerin hatte die Ansicht vertreten, dass ein fehlerhafter Kostenantrag seitens der Klägerin nicht gestellt worden sei, da der Antrag, "die von den Beklagten zu tragende Gerichtskosten gegenüber den Verfahrensgegnern gem. §§ 103 ff. ZPO festzusetzen", dahingehend auszulegen sei, dass eine Festsetzung der tatsächlich zu tragenden Gerichtskosten beantragt wurde.
Mit Beschluss des LG wurden die Kosten für das Erinnerungsverfahren 1 gem. §§ 92 Abs. 1 S. 1, 1. Alt., 93 ZPO analog gegeneinander aufgehoben.
Zur Begründung führte das LG Bielefeld aus, dass die Klägerin als Erinnerungsgegnerin der Erinnerung nicht entgegengetreten sei und es sich bei dem Erinnerungsverfahren ausschließlich um eine Auseinandersetzung zwischen der Beklagten und dem Gericht handelte. Der Anlass für die berechtigte Erinnerung sei eine Fehlentscheidung des Gerichts und keinesfalls das Verhalten der Klägerin gewesen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vorliegenden Erinnerung, mit der sie zusätzlich eine Gehörsrüge geltend macht.
Sie ist der Ansicht, die Entscheidung des Gerichts sei rechtswidrig, die Vorschrift des § 91 ZPO zwingend. Die Voraussetzungen des § 92 ZPO, die eine Kostenaufhebung ermöglichen, seien nicht gegeben, da sie nicht unterlegen war.
Die Klägerin hätte die falsche Gerichtskostenrechnung bei gehöriger Sorgfalt angreifen müssen, es wäre dann nicht zur falschen Kostenfestsetzung gekommen.
Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung der Beklagten nicht abgeholfen und der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die zulässige Erinnerung ist nicht begründet. Die zuständige Rechtspflegerin hat die Kostenentscheidung rechtsfehlerfrei gem. §§ 92 Abs. 1 S. 1, 1. Alt., 93 ZPO analog getroffen und die Kosten des Erinnerungsverfahrens 1 gegeneinander aufgehoben.
Entgegen der Ansicht der Beklagten war im Erinnerungsverfahren 1 nicht zwingend i.S.d. § 91 ZPO zu entscheiden. Die ZPO sieht ausdrücklich auch im Rahmen von kontradiktorischen Verfahren, so in § 93 ZPO, die Möglichkeit vor, dass die obsiegende Partei die Kosten zu tragen hat, wenn der Gegner zur Klageerhebung keinen Anlass gegeben hat und sofort anerkennt. Diese Grundsätze sind vorliegend analog auf das Erinnerungsverfahren 1 anzuwenden, denn die Klägerin ist der durch die Beklagte eingelegten Erinnerung nicht entgegengetreten. Auch ist aus dem einfachen Antrag auf Festsetzung der Gerichtsgebühren gegenüber den Verfahrensgegnern kein zurechenbares "Verschulden" der Klägerin zu sehen, welches eine Kostentragungspflicht rechtfertigen würde. Der Anlass für die Erinnerung basiert ausschließlich auf der Fehlentscheidung des LG im Kostenfestsetzungsbeschluss Nr. 1.
Eines sofortigen Anerkenntnis i.S.d. §§ 93 ZPO bedarf es bei der vorliegenden analogen Anwendung auf das Kostenfestsetzungsverfahren nicht, da der Kostenfestsetzungsbeschluss unabhängig von der Tatsache ergeht, ob der Kostenschuldner sich dem Antrag durch Anerkenntnis anschließt oder schweigt (Vgl. LG Halle MDR 2000, 480).
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist unzutreffend.
Bei einem Erinnerungsverfahren handelt es sich um ein kontradiktorisches Verfahren. Die Kosten sind grundsätzlich nach Obsiegen und Unterliegen zu verteilen.
Allerdings können die Kosten eines Erinnerungsverfahrens auch dem Erinnerungsführer auferlegt werden, wenn er erstmals im Erinnerungsverfahren Einwände bringt, die er im Kostenfestsetzungsverfahren bereits hätte vorbringen können (§ 97 Abs. 2 ZPO).
Die häufig anzutreffende Neigung der Gerichte, insbesondere dann, wenn die fehlerhafte Festsetzu...