Nach der hier vertretenen Auffassung handelt es sich bei der Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG-KostVerz. und § 107 Abs. 5 OWiG um keine Kosten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nrn. 7001 u. 7002 RVG. Sie fällt vielmehr unter diejenigen Kosten, welche der Rechtsanwalt nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 RVG i.V.m. § 670 BGB als besondere Aufwendungen vom Mandanten/von der Staatskasse gesondert ersetzt verlangen kann.
Nach der obergerichtlichen Rspr. und auch nach der einschlägigen Kommentarliteratur sind die Aufwendungen zum Ausgleich der Aktenversendungspauschale nach §§ 670, 675 BGB i.V.m. Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV gesondert zu vergüten und fallen nicht unter die Nrn. 7001, 7002 VV.
Soweit die hier angegriffene Auffassung meint, die geltend gemachten Auslagen in Form der Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG-KostV, § 107 Abs. 5 OWiG seien nicht gesondert als Auslagen festsetzbar, so ist dem nicht zu folgen.
Zunächst ist festzuhalten, dass die gegenteilige Auffassung ganz unjuristisch einfach die These aufstellt, sich aber eine Begründung dieser Rechtsauffassung und erst recht eine Auseinandersetzung mit der gegenteiligen Argumentation spart.
Die Einordnung der betreffenden Kosten in die Post- und Telekommunikationsentgelte nach Nrn. 7001, 7002 VV ist falsch.
Nach dieser Vorschrift kann der Rechtsanwalt die Erstattung von Entgelten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen erstattet verlangen.
Die Versendung der Akte kann schon dem Begriff nach nicht in die Kategorie der Post- und Telekommunikationsdienstleistung nach Nr. 7001 VV eingeordnet werden. Der hier vorliegenden Entscheidung des LG Leipzig nach zu urteilen, wird von diesem eine Einordnung der Versendungspauschale in die Alternative der Postauslagen vorgenommen.
Aber die Versendung der Akte durch das Gericht stellt schon keine Postdienstleistung i.S.d. Nr. 7001 VV dar.
Nach § 4 Nr. 1 PostG sind Postdienstleistungen folgende gewerbsmäßig erbrachte Dienstleistungen:
a) die Beförderung von Briefsendungen,
b) die Beförderung von adressierten Paketen, deren Einzelgewicht 20 Kilogramm nicht übersteigt, oder
c) die Beförderung von Büchern, Katalogen, Zeitungen oder Zeitschriften, soweit sie durch Unternehmen erfolgt, die Postdienstleistungen nach Buchstabe a) oder b) erbringen.
Das Gericht, die Staatsanwaltschaft oder die Ordnungsbehörde erbringen schon keine der genannten Dienstleistungen. Sie befördern die betreffenden Aktensendungen nicht, sondern geben diese seinerseits nur bei Postunternehmen in Auftrag.
Hinzu kommt, dass die Aktenversendung keine Dienstleistung i.S.d. Gesetzes ist.
Eine solche zeichnet sich nämlich sowohl nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als auch nach Art. 4 Nr. 1 Dienstleistungsrichtlinie durch eine selbstständige Erbringung einer Leistung zur Deckung eines Bedarfs gegen Entgelt aus, wobei nach Art. 4 Nr. 2 der Richtlinie Dienstleistungserbringer nur eine natürliche und juristische Person des Privatrechts sein kann.
Das Gericht, die Staatsanwaltschaft und die Ordnungsbehörde sind weder natürliche noch juristische Personen des Privatrechts.
Abgesehen davon handelt es sich auch nicht um eine gewerbsmäßige Tätigkeit des Gerichts/der Staatsanwaltschaft/der Ordnungsbehörde.
Gewerbe ist jede auf Dauer angelegte, selbstständige Tätigkeit, welche darauf gerichtet ist, Gewinne zu erzielen (§ 15 Abs. 2 EstG).
Schon nach § 147 Abs. 4 S. 1 StPO, § 46 OWiG fehlt es vorliegend jedoch an dieser Selbstständigkeit. Es besteht nach dieser Vorschrift eine gesetzliche Verpflichtung des Gerichts/der Staatsanwaltschaft/der Ordnungsbehörde, dem Verteidiger die Akte in dessen Geschäftsräume zu übermitteln. Die mit der Selbstständigkeit einhergehende Freiwilligkeit des Angebots von Dienstleistungen fehlt daher vorliegend auch.
Darüber hinaus stellt die Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG-KostVerz., § 107 Abs. 5 OWiG kein Entgelt für eine solche Dienstleistung dar. Vielmehr handelt es sich hierbei um (Gerichts-)Kosten (§ 1 Abs. 1 S. 1 GKG).
Wollte man entgegen dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung den Schwerpunkt nicht auf die Dienstleistung, sondern auf die vom Gericht erbrachte Leistung legen, dann müsste es sich bei den Kosten nach Nr. 9003 GKG-KostV um Gebühren handeln. Denn nach der Systematik der staatlichen Kosten stellen allein die Gebühren eine Gegenleistung des Bürgers für die Inanspruchnahme staatlicher Leistungen dar. Die Mühewaltung und der Service des Gerichts/der Staaatsanwaltschaft/der Ordnungsbehörde sind daher durch die allgemeinen Verfahrensgebühren, nicht jedoch mit der Auslagenpauschale für die Aktenversendung abgegolten.
Konkret stellt die Aktenversendungspauschale jedoch keine Gebühr, sondern nach den Vorschriften des § 1 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. Nr. 9003 GKG-KostVerz. (ausdrücklich: amtliche Überschrift über den Nrn. 9000 ff.) eine Auslage der Staatskasse dar.
Auslagen sind im Gegensatz zu den Gebühren besondere Aufwendungen der Verwaltung, die neben den sonstigen Gebühren erhoben werden. S...