ZPO §§ 122 Abs. 2, 379
Leitsatz
Für die Anwendbarkeit des § 122 Abs. 2 ZPO kommt es für die im Rahmen eines Verbundverfahrens anhängige Folgesache nur auf die jeweilige Beteiligtenrolle an. Wurde einem Antragsteller für eine Folgesache ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt, ist der Antragsgegner von der Erbringung von Gerichtskosten auch dann befreit, wenn er in der Scheidungssache selbst Antragsteller ist.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.8.2012 – 18 WF 145/12
1 Sachverhalt
Zwischen den beteiligten Eheleuten ist ein Scheidungsverfahren anhängig, in dessen Folgesache Güterrecht die Antragstellerin auf Zahlung von Zugewinn in Anspruch genommen wird. Dem Antragsgegner wurde für das Scheidungsverfahren Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt, die auf die Folgesache Güterrecht erstreckt wurde.
Die dortigen Beweiserhebungen zum Anfangsvermögen der Antragstellerin hat das FamG jeweils formlos den Verfahrensbevollmächtigten mitgeteilt und davon abhängig gemacht, dass die Antragstellerin einen Auslagenvorschuss von 2.000,00 EUR erbringt.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer beim FamG eingegangenen sofortigen Beschwerde, der das FamG nicht abgeholfen und die Akten zur Entscheidung dem Beschwerdegericht vorgelegt hat.
Die sofortige Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft, §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO.
Zwar ist ein Beweisbeschluss als verfahrensleitende Anordnung grundsätzlich nicht isoliert anfechtbar, sondern eine Überprüfung findet erst im Rahmen eines Rechtsmittels gegen die Endentscheidung statt (vgl. BGH NJW-RR 2009, 995; MüKo/Heinrich, ZPO, 3. Aufl. 2008, § 359 Rn 9; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 358a Rn 4). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn ein Gericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens von der vorherigen Zahlung eines hinreichenden Auslagenvorschusses abhängig macht (vgl. Schneider/Wolf/Volpert, FamGKG, 1. Aufl. 2009, § 16 Rn 29 und § 58 Rn 4; OLG Frankfurt MDR 2004, 1255 [= AGS 2005, 408]). Denn die §§ 402, 379 ZPO, die die Grundlage für die Anordnung des Auslagenvorschusses bilden, eröffnen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nicht ausdrücklich i.S.v. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO und § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gilt nicht, wenn das Gericht eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, wie vorliegend nach § 379 ZPO (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 567 Rn 35 m. w. Nachw.).
Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Unanfechtbarkeit gilt indessen, wenn dem gegnerischen Anspruchsteller ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde und das Gericht eine Beweiserhebung von der Erbringung eines Auslagenvorschusses durch den Gegner abhängig macht; in diesem Fall steht dem Gegner dagegen die sofortige Beschwerde nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zu (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 122 Rn 22; Schneider/Wolf/Volpert, a.a.O., auch zur Abgrenzung zu einer Beschwerde nach § 58 FamGKG). Dies ist vorliegend der Fall, weshalb die sofortige Beschwerde der Antragstellerin statthaft ist.
Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, §§ 567, 569 ZPO.
2. Die Beschwerde ist auch begründet. Das FamG darf die Beweiserhebung in der Güterrechtfolgesache nicht davon abhängig machen, dass die Antragstellerin einen Auslagenvorschuss erbringt, weil dem gegnerischen Anspruchsteller ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, sie sich in der Folgesache Güterrecht in der Antragsgegnerrolle befindet und sie deshalb gem. § 122 Abs. 2 ZPO von Zahlungen auf Gerichtskosten einstweilen befreit ist.
Die Bewilligung ratenfreier Verfahrenskostenhilfe für den Antragsteller eines Verfahrens hat gem. § 122 Abs. 2 ZPO für den Gegner die einstweilige Befreiung von den in § 122 Abs. 1 Nr. 1a ZPO bezeichneten Kosten zur Folge. Zu den davon erfassten Gerichtskosten gehören gerichtliche Gebühren und Auslagen (vgl. § 1 FamGKG), wozu im Falle der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens auch die Sachverständigenkosten gehören, einschließlich dafür zu erbringender Auslagenvorschüsse nach §§ 402, 379 ZPO (vgl. OLG Hamm FamRZ 1999, 453; OLG Stuttgart MDR 1984, 151; MüKo/Motzer, 3. Aufl. 2008, § 122 Rn 19). Ohne die Kostenbefreiung für den Gegner aus § 122 Abs. 2 ZPO könnte dieser im Falle eines ganzen oder teilweisen Obsiegens und einer dementsprechenden Kostenentscheidung die Erstattung verlangen, wovor den Antragsteller auch die ihm bewilligte Verfahrenskostenhilfe nicht schützt, vgl. § 123 ZPO; dies wäre indessen mit der Regelung des § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO unvereinbar, nach der der Antragsteller von den Gerichtskosten gerade befreit sein soll. Voraussetzung für den Eintritt der Wirkungen des § 122 Abs. 2 ZPO ist lediglich, dass sich der auf Auslagenvorschuss in Anspruch Genommene zum jetzigen Verfahrensstand in der Rolle des Antragsgegners befindet, so dass es dementsprechend auch unerheblich ist, ob in der vorangegangenen Instanz die Rollen umgekehrt waren (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 70. Aufl. 2012, § 122 Rn 31). Dies ist vorlieg...