Leitsatz (amtlich)
Für die Anwendbarkeit des § 122 Abs. 2 ZPO kommt es für die im Rahmen eines Verbundverfahrens anhängige Folgesache nur auf die jeweilige Beteiligtenrolle an. Wurde einem Antragsteller für eine Folgesache ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt, ist der Antragsgegner von der Erbringung von Gerichtskosten befreit, wenn er in der Scheidungssache selbst Antragsteller ist.
Verfahrensgang
AG Emmendingen (Beschluss vom 26.04.2012; Aktenzeichen 4 F 83/10) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird Ziffer V. des Beweisbeschlusses des AG - Familiengericht - Emmendingen vom 26.4.2012 (4 F 83/10) aufgehoben.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich dagegen, dass das Familiengericht Beweiserhebungen in der Güterrechtfolgesache von der Erbringung eines Auslagenvorschusses durch sie abhängig macht.
Zwischen den beteiligten Eheleuten ist das vorliegende Scheidungsverfahren anhängig, in deren Folgesache Güterrecht die Antragstellerin auf Zahlung von Zugewinn in Anspruch genommen wird. Dem Antragsgegner wurde für das Scheidungsverfahren Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt, die mit Beschluss des Familiengerichts vom 30.3.2011 auf die Folgesache Güterrecht erstreckt wurde.
Die dortigen Beweiserhebungen zum Anfangsvermögen der Antragstellerin hat das Familiengericht unter Ziffer V. des Beweisbeschlusses vom 26.4.2012 - am 2.5.2012 jeweils formlos an die Verfahrensbevollmächtigten übersandt - davon abhängig gemacht, dass die Antragstellerin einen Auslagenvorschuss von 2.000 EUR erbringt.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 29.5.2012 beim Familiengericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, der das Familiengericht durch Beschl. v. 30.5.2012 - auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird - nicht abgeholfen und die Akten zur Entscheidung dem Beschwerdegericht vorgelegt hat.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft, §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO.
Zwar ist ein Beweisbeschluss als verfahrensleitende Anordnung grundsätzlich nicht isoliert anfechtbar, sondern findet eine Überprüfung erst im Rahmen eines Rechtsmittels gegen die Endentscheidung statt (vgl. BGH NJW-RR 2009, 995, 996; MünchKomm/Heinrich, ZPO, 3. Aufl. 2008, § 359 Rz. 9; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 358a Rz. 4). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn ein Gericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens von der vorherigen Zahlung eines hinreichenden Auslagenvorschusses abhängig macht (vgl. Schneider/Wolf/Volpert, FamGKG, 1. Aufl. 2009, § 16 Rz. 29 und § 58 Rz. 4; OLG Frankfurt MDR 2004, 1255 - zitiert nach juris, Tz. 6). Denn die §§ 402, 379 ZPO, die die Grundlage für die Anordnung des Auslagenvorschusses bilden, eröffnen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nicht ausdrücklich i.S.v. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO und § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gilt nicht, wenn das Gericht eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, wie vorliegend nach § 379 ZPO (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 567 Rz. 35 m.w.N.).
Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Unanfechtbarkeit gilt indessen, wenn dem gegnerischen Anspruchsteller ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde und das Gericht eine Beweiserhebung von der Erbringung eines Auslagenvorschusses durch den Gegner abhängig macht; in diesem Fall steht dem Gegner dagegen die sofortige Beschwerde nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zu (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 122 Rz. 22; Schneider/Wolf/Volpert, a.a.O., auch zur Abgrenzung zu einer Beschwerde nach § 58 FamGKG). Dies ist vorliegend der Fall, weshalb die sofortige Beschwerde der Antragstellerin statthaft ist.
Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, §§ 567, 569 ZPO.
2. Die Beschwerde ist auch begründet. Das Familiengericht darf die Beweiserhebung in der Güterrechtfolgesache nicht davon abhängig machen, dass die Antragstellerin einen Auslagenvorschuss erbringt, weil dem gegnerischen Anspruchsteller ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, sie sich in der Folgesache Güterrecht in der Antragsgegnerrolle befindet und sie deshalb gem. § 122 Abs. 2 ZPO von Zahlungen auf Gerichtskosten einstweilen befreit ist.
Die Bewilligung ratenfreier Verfahrenskostenhilfe für den Antragsteller eines Verfahrens hat gem. § 122 Abs. 2 ZPO für den Gegner die einstweilige Befreiung von den in § 122 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) ZPO bezeichneten Kosten zur Folge. Zu den davon erfassten Gerichtskosten gehören gerichtliche Gebühren und Auslagen (vgl. § 1 FamGKG), wozu im Falle der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens auch die Sachverständigenkosten gehören, einschließlich dafür zu erbringender Auslagenvorschüsse nach §§ 402, 379 ZPO (vgl. OLG Hamm FamRZ 1999, 453; OLG Stuttgart MDR 1984, 151; MünchKomm/Motzer, 3. Aufl. 2008, § 122 Rz. 19). Ohne die Kostenbefreiung für den Gegner aus § 122 Abs. 2 ZPO könnte dieser im Falle eines ganzen oder teilweisen Obsiegens und einer dementsprechenden Kostenentscheidung di...