FamFG § 246
Leitsatz
Bei Rücknahme eines Antrags im vereinfachten Verfahren ist für die Kostenverteilung nach billigem Ermessen sowohl die prozessuale Handlung des Antragstellers als auch ein etwaiges Aufklärungsverschulden des Antragsgegners zu berücksichtigen.
OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2011 – II-4 UFH 4/11
1 Aus den Gründen
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Im Ergebnis zu Recht hat das AG entschieden, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, nachdem der Antrag auf Festsetzung im vereinfachten Verfahren zurückgenommen wurde.
Allerdings richtet sich die Kostenentscheidung im vereinfachten Verfahren nicht nach §§ 83 Abs. 2, 81 Abs. 1 FamFG, sondern nach § 243 FamFG. Das vereinfachte Verfahren gehört nach seinem Sinn und seiner Stellung zu den Unterhaltssachen i.S.d. § 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG und damit gem. § 112 Nr. 1 FamFG zu den Familienstreitsachen (vgl. Giers, in: Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl., 2011, § 249 Rn 6). Die Kosten des vereinfachten Verfahrens sind deshalb dem Grunde nach unter Berücksichtigung der in § 243 FamFG erwähnten Kriterien zu verteilen (vgl. Bömelburg, in: Prütting/Helms, FamFG, 2009, § 253 Rn 8; Giers, in: Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl., 2011, § 253 Rn 10).
Es entspricht billigem Ermessen gem. § 243 FamFG, dass eine Kostenerstattung trotz der Rücknahme des Antrags durch das antragstellende Kind nicht stattfindet. Veranlassung zur Einleitung eines Unterhaltsverfahrens hat der Antragsgegner dadurch gegeben, dass er den – wie sich nachträglich herausstellte – bereits titulierten Kindesunterhalt nicht mehr zahlte. In der darauf folgenden vorgerichtlichen Korrespondenz gingen beide Beteiligten davon aus, dass ein Titel über Kindesunterhalt nicht besteht. Von dem anwaltlich vertretenen Antragsgegner konnte – ebenso wie von der Kindesmutter – erwartet werden, dass er das Jugendamt als Beistand seines Kindes zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens über das Vorhandensein einer Jugendamtsurkunde informiert. Der Antragsgegner war bereits vorgerichtlich anwaltlich vertreten, wie sich aus dem Aufforderungsschreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten an die Kindesmutter ergibt. Das "zufällige" Auffinden einer Kopie der Jugendamtsurkunde erst während des laufenden gerichtlichen Verfahrens ist angesichts dessen nicht nachvollziehbar. Es ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner von seinen Verfahrensbevollmächtigten vorgerichtlich in der Kindesunterhaltssache umfassend beraten wurde und deshalb Veranlassung hatte, seine Unterlagen bereits vor dem ersten Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten durchzusehen. Unter Abwägung aller Umstände entspricht es deshalb billigem Ermessen, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.