Der Antrag auf Festsetzung einer Pauschgebühr nach § 42 RVG ist im tenorierten Umfang begründet.
Die gesetzlichen Gebühren des Antragstellers errechnen sich wie folgt:
Grundgebühr, Nr. 5100 VV |
130,00 EUR |
Verfahrensgebühr, Nr. 5111 VV |
300,00 EUR |
Terminsgebühr, Nr. 5112 VV i.V.m. Vorbem. 5.1.3 Abs. 1 VV |
470,00 EUR |
Terminsgebühr, Nr. 5112 VV |
470,00 EUR |
Summe |
1.370,00 EUR |
Bei diesen Gebühren handelt es sich jeweils um die Höchstbeträge der Rahmengebühren.
Der Bewilligung der Pauschgebühr von 2.740,00 EUR liegen folgende Berechnungsfaktoren zu Grunde:
Nach § 42 Abs. 1 RVG wird dem gewählten Verteidiger auf Antrag eine Pauschgebühr für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte festgesetzt, wenn aufgrund des besonderen Umfanges oder der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit die in den Teilen 4 bis 6 des VV bestimmten Gebühren eines Wahlanwaltes nicht zumutbar sind.
Die Prüfung der Unzumutbarkeit schließt die Berücksichtigung der weiteren Umstände ein, die nach § 14 RVG bei der Bemessung der Rahmengebühren durch den Verteidiger maßgeblich sind, nämlich die Bedeutung der Angelegenheit, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers und das Haftungsrisiko. Denn nur dann kann beurteilt werden, ob der Höchstbetrag der Rahmengebühr für den Verteidiger nicht zumutbar ist. Eine Pauschgebühr nach § 42 RVG wird vorrangig dann in Betracht kommen, wenn bereits die Bedeutung der Sache für den Betroffenen und/oder die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers überdurchschnittlich sind sowie zusätzlich ein besonderer Umfang der anwaltlichen Tätigkeit bzw. eine besondere Schwierigkeit derselben gegeben ist. Insoweit unterscheidet sich die Festsetzung der Pauschgebühr nach § 42 RVG, auch wenn der Gesetzeswortlaut fast identisch ist, wesentlich von der Festsetzung einer Pauschgebühr gem. § 51 RVG.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Nebenbetroffenen, einer Versicherung, sind als überdurchschnittlich einzuschätzen. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Betroffene war ebenfalls überdurchschnittlich. Denn es ging um ein Bußgeld von über 18,85 Mio. EUR, das auch in Anbetracht der Bilanzsumme des Unternehmens nicht unbedeutend gewesen sein dürfte. Zudem war der Ruf der Nebenbetroffenen in der Versicherungsbranche durch den negativen Ausgang des Verfahrens gefährdet. Derartige Verfahren erzeugen mediale Aufmerksamkeit in einer breiten Öffentlichkeit, auch bei potentiellen Versicherungsnehmern, die sich dadurch womöglich von dem Abschluss eines Vertrages abschrecken lassen, was wiederum zu Einkommenseinbußen führt. Die Bedeutung der Sache zeigt sich auch darin, dass gem. § 83 GWB erstinstanzlich vor dem OLG verhandelt wurde. Anders als bei den für Strafsachen maßgeblichen Gebührentatbeständen (vgl. Nrn. 4106 ff. VV) findet sich zwar in denen für Bußgeldsachen keine Staffelung nach Gerichtstyp. Doch kann dieser Umstand bei der Bemessung der Gebührenhöhe innerhalb des Rahmens berücksichtigt werden. Bei durchschnittlicher Schwierigkeit und durchschnittlichem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit wären deshalb bereits Rahmengebühren des Wahlverteidigers im jeweils obersten Bereich angemessen.
Durch den Senat war damit zu prüfen, ob unter Berücksichtigung einer besonderen Schwierigkeit und/oder eines besonderen Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit die Höchstgebühren nach Nrn. 5111 bis 5112 VV für den Wahlanwalt nicht zumutbar sind. Dies ist der Fall.
Zwar beträgt der Umfang der Bußgeldakte in diesem Verfahren lediglich ca. 360 Seiten. Die Akte ist aber ersichtlich nicht komplett. Dies ist schon daran zu erkennen, dass sich der Bußgeldbescheid des Bundeskartellamtes nicht darin befindet. Zu erklären ist das Fehlen dieser maßgeblichen Verfahrensvoraussetzung, dass das Verfahren zunächst unter dem Aktenzeichen VI-Kart 27-55/06 OWi gegen 17 Versicherungsunternehmen bei dem 1. Kartellsenat des OLG geführt wurde. Hieraus wurde eine Zweitakte für das abgetrennte Verfahren gefertigt, die fünf Bände sowie zwei Anlagenordner umfasst.
Darüber hinaus hatte das Bundeskartellamt zu dem Gesichtspunkt der Nachfolge in der Bußgeldhaftung Nachermittlungsergebnisse von mehreren hundert Seiten vorgelegt, die der Verteidiger mit dem Mandanten zu besprechen hatte. Die gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungsvorgänge, die für eine Verurteilung von erheblicher Bedeutung waren, mussten geklärt werden.
Zu zahlreichen Schreiben in dem Verfahren VI-Kart 27-55/06 OWi, aus dem dieses Verfahren hervorgegangen ist, wurde die Nebenbetroffene durch das Gericht zur Stellungnahme aufgefordert.
In Vorbereitung der Hauptverhandlung fand ein ausführlicher Besprechungstermin mit dem Senat statt.
Vor dem Hauptverhandlungstermin waren Schriftstücke und Unterlagen gem. einer von dem Vorsitzenden versandten Urkundenliste durchzuarbeiten. Die Urkunden wurden nach § 249 Abs. 2 StPO i.V.m. § 46 OWiG im Selbstleseverfahren eingeführt, was zu einer erheblichen Verkürzung des Termins führte.
Die Beweissituation erforderte eine besond...