In ansprechend leichter Sprache und in jeder Nuance auch mit Empathie für den Anfängeranwalt vereint die renommierte Autorin ihr Praxiswissen mit den dogmatischen Grundlagen des RVG und ermöglicht damit eine prozesstaktische Herangehensweise an das RVG. In zwölf Paragraphen erfährt der Praktiker ausgehend von der Mandatsannahme (§ 1) über Prozessauftrag und Prozessführung (§ 2), die verfahrensrechtliche Situation vor der Klage (§ 3), die Vorgehensweise während des Klageverfahrens (§ 4), den Gerichtstermin (§ 5), visualisiertes Verhalten während eines Vergleichsabschlusses (§ 6), Kostengrundentscheidung (§ 7), den Weg in die zweite Instanz (§ 8), Kostenerstattung (§ 9), Prozessrisiko im Übrigen (§ 10) alles, was das Know-how des Anwalts in gebührenrechtlicher Hinsicht unter Berücksichtigung berufsrechtlicher Obliegenheiten zu beinhalten hat.
Das Werk schärft die Sinne für ein gebührenrechtliches Problembewusstsein, das vielen Anwälten in der Praxis deshalb fremd zu sein scheint, weil keinerlei Kenntnis darüber besteht, dass das jeweilige Verfahrensrecht unabdingbar mit der optimalen gebührenrechtlichen Betrachtungsweise im Zusammenhang steht. Dabei formuliert die Autorin selbst, unnötigen Ballast kraft Titels außen vor gelassen zu haben. Sie liefert aber fundiert das für die Mandatsbearbeitung stets erforderliche Wissen anschaulich und leicht verständlich. Hilfreich ist die stets stringente Gliederung der Kapitel, die sprachliche Hervorhebung durch "Vorsichtshinweise" und das jeweilige gebührenrechtliche "Fazit" aus der beschriebenen Prozesssituation, das bausteinartig dargestellt und Grundlage für jede Mandatsbearbeitung im Sinne eines Hilfsmittels sein kann. Den Anwalt, der zunächst die Vergütungsfrage mit dem Mandanten klärt, bezeichnet sie zu Recht als den klugen Anwalt, zumal andernfalls eine Bezahlung seiner mitunter erheblichen Leistung mangels Aufklärung nicht angemessen zu Buche schlagen wird.
Auch das rechtsschutzversicherte Mandat nimmt die Autorin unter die Lupe und gibt damit eine "simplifyende" Mandatsbearbeitung an die Hand, um auch insoweit das sachgerechte Gebührenaufkommen zu erzielen und den Auftraggeber gemäß seinem Versicherungsvertrag adäquat zu beraten. Das auf Seiten des Anwalts oft lückenhaft ausgestaltete Wissen im materiellen Kostenerstattungsrecht wird in seinen wesentlichen Grundzügen, aber vertieft an der Stelle bearbeitet, wo der Anwalt Gefahr läuft, seinen Mandanten Kostenerstattungsansprüchen des Gegners auszuliefern.
Jungbauer widmet dem Vergleichsabschluss ein eigenes Kapital, da sich insbesondere auch im Zusammenhang mit dem rechtsschutzversicherten Mandat haftungsträchtige Fallgestaltungen ergeben, die im Eifer des Vergleichsgefechts auch durch den bewährten Praktiker übersehen werden, mit der sich dann ergebenden Folge, dass der Anwalt auf in jeder Hinsicht vermeidbaren Kosten selbst sitzen bleibt.
Zahlreiche Beispiele und Rechtsprechungsnachweise ermöglichen dem Praktiker, die in einem eigenen Kapitel (§ 11) aufbereitete Checkliste des Prozessrisikos im Einklang mit der Praxis anzuwenden. Das Werk schließt mit einem kleinen, der Terminsvorbereitung gewidmeten Kapitel (§ 12), das in Form einer Musterdarstellung als Arbeitshilfe dem Anwalt einen schnellen Blick auf die in einem Verfahren entstandenen Gebühren ermöglicht.
Simplify … steht für einen einfachen, aber prozesstaktischen Weg zu einer bewussten Anwendung des RVG in einer komplexen Kostenwelt. Diesen Weg sollte jeder Anwalt wählen, wobei das Werk eine gelungene Ergänzung dadurch erfährt, dass auf die Hörbuchdatei zurückgegriffen werden kann, die Kürzungen nur zum besseren Verständnis erfahren hat: Gelungenes Werk – gelungener Titel!
Autor: Lotte Thiel
Rechtsanwältin und FAFamR Lotte Thiel, Koblenz