In der Sache ist die Beschwerde begründet. Dem Beteiligten zu 2) steht eine Vergütung in Höhe von insgesamt 142,80 EUR zu, weil er in insgesamt vier Angelegenheiten tätig geworden ist.

Das BerHG sieht Beratung in "Angelegenheiten" vor (§§ 2 Abs. 2, 6 BerHG). Gem. § 44 RVG erhält der Rechtsanwalt für die Tätigkeit im Rahmen der Beratungshilfe außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens eine Vergütung nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. Nrn. 2500 bis 2508 VV. Da es sich bei der Beratungshilfe-Vergütung um Festgebühren handelt und das Korrektiv des Gegenstandswerts fehlt, kommt dem Begriff der "Angelegenheit" besondere Bedeutung zu. Eine nähere Bestimmung dieses Begriffs findet sich im BerHG nicht, wohl aber in den §§ 15 ff. RVG (vgl. dazu Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 6. Aufl., Rn 1012). Das BVerfG hat in seiner Entscheidung v. 31.10.2001 (AGS 2002, 273) ausgeführt, dass der Begriff der Angelegenheit wegen der ohnehin niedrigen Gebühren des Rechtsanwalts nicht zu weit gefasst werden dürfe, es komme aber auf den konkreten Einzelfall an. Um eine Angelegenheit bejahen zu können, müssen als Kriterien vorliegen: gleichzeitiger Auftrag, gleichartiges Verfahren, innerer Zusammenhang der Beratungsgegenstände bei zeitlichem und sachlichem Zusammenhang der Bearbeitung (Büttner u.a., a.a.O).

Wurde – wie auch vorliegend – Beratungshilfe für die Angelegenheiten "Trennung, Scheidung und Folgesachen" gewährt, ist der Senat (a.a.O.) vom Vorliegen von zwei Angelegenheiten ausgegangen, weil der Rechtsgedanke des § 16 Nr. 4 RVG – Scheidung und Folgesachen als dieselbe Angelegenheit im Verbundverfahren – auf die Beratungshilfe-Vergütung übertragbar sei und Rechtskraft der Scheidung eine Zäsur zu Regelungen für die Zeit der Trennung bilde (so auch OLG München AGS 2012, 25).

Dem sind die Mehrzahl der Oberlandesgerichte (ablehnend u.a.: OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 1244 [= AGS 2009, 79]; OLG Köln FamRZ 2009, 1345 [= AGS 2009, 422]; OLG Hamm FamRZ 2011, 377; OLG Dresden FamRZ 2011, 1684 [= AGS 2011, 138]; OLG Nürnberg NJW 2011, 3108 [= AGS 2011, 298]; OLG Celle NJW 2011, 3109 [= AGS 2011, 504]; zustimmend lediglich OLG Brandenburg FamRZ 2010, 833; OLG München AGS 2012, 25) und namhafte Stimmen in der Literatur (Büttner u.a. a.a.O. Rn 1022; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., § 16 Rn 28; AnwK-RVG/N. Schneider, 5. Aufl., vor VV 2501 ff. Rn 31) nicht gefolgt. Eingewandt wird insbesondere, § 16 Nr. 4 RVG könne weder direkt noch analog angewandt werden. Die Vorschrift betreffe nur das gerichtliche Verfahren und setze die Anhängigkeit einer Ehesache voraus, nicht jedoch die vorgelagerte außergerichtliche Beratung, bei welcher bereits begrifflich eine Verbundsache nicht vorliegen könne. Auch eine entsprechende Anwendung komme wegen der unterschiedlichen Sachlage nicht in Betracht. Als Ausgleich für die Zusammenfassung von Ehesache und Folgesachen zu einer Angelegenheit folge aus §§ 22 Abs. 1, 23 Abs. 1 S. 3 RVG, dass die Werte der verschiedenen Gegenstände zu addieren seien. Ein vergleichbares Korrektiv gebe es für den Bereich der Beratungshilfe nicht.

Der Senat vermag sich diesen Einwänden nicht verschließen und hält an seiner bisher geäußerten Rechtsauffassung (a.a.O.) nicht fest.

Zu weit geht aus Sicht des Senats jedoch die Auffassung, wonach die Beratung zu jedem Gegenstand, zu dem Beratungsbedarf im Zusammenhang mit einer Trennung oder Scheidung anfällt, eine gesonderte Gebühr auslöst (so OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 1244 [= AGS 2009, 79]). Dadurch findet der zeitliche und sachliche Zusammenhang, der regelmäßig zwischen einzelnen Beratungsgegenständen bei Trennung und Scheidung besteht, nicht ausreichend Berücksichtigung (Büttner u.a., a.a.O. Rn 1022; OLG Nürnberg NJW 2011, 3108 [= AGS 2011, 298]).

Mit dem OLG Nürnberg (a.a.O) und dem OLG Celle (NJW 2011, 3109 [= AGS 2011, 504]) ist auch aus Sicht des Senats sachgerecht, unter Berücksichtigung des inneren Zusammenhangs der unterschiedlichen Lebenssachverhalte insgesamt von bis zu vier Komplexen (Angelegenheiten) auszugehen, (so auch Gerold/Schmidt/Müller-Rabe a.a.O. § 16 Rn 28; AG Pforzheim FamRZ 2012, 1415):

  die Scheidung als solche,
  das persönliche Verhältnis zu den Kindern (Personensorge, Umgangsrecht),
  Fragen im Zusammenhang mit Ehewohnung und Hausrat,
  finanzielle Auswirkungen von Trennung und Scheidung (Unterhaltsansprüche, Güterrecht, Vermögensauseinandersetzung).

Wenn es gleichzeitig um Fragen der Trennung und Scheidung geht, verdoppeln sich die Angelegenheiten dadurch nicht.

Diese Handhabung berücksichtigt in generalisierender Weise die vom BVerfG (a.a.O.) aufgestellten Grundsätze und bleibt dennoch für die amtsgerichtliche Praxis noch einfach anzuwenden (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe a.a.O).

Dies zugrunde gelegt, hat sich die Beratung des Beteiligten zu 2) ausweislich der Angaben im Beratungshilfeschein und seines erläuternden Vorbringens auf die vier genannten Angelegenheiten erstreckt.

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