Leitsatz
Eine volljährige Tochter stritt sich mit ihrem Vater über die Höhe des von ihm zu zahlenden Kindesunterhalts. Erstinstanzlich wurde ihre Klage mit der Begründung abgewiesen, sie habe wegen der zögerlichen und nicht strebsamen Ausbildung während ihrer Minderjährigkeit keinen Anspruch auf Unterhalt für die Dauer ihrer Ausbildung mit dem Ziel des Erwerbs des Realschulabschlusses. Das erstinstanzliche Gericht ließ offen, ob es sich hierbei um eine allgemeine Schulausbildung handele.
Die Klägerin legte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung ein und verlangte im Rechtsmittelverfahren einen geringeren als ursprünglich erstinstanzlich von ihr geforderten Unterhaltsbetrag. Ihr Rechtsmittel hatte - nach teilweiser Rücknahme - Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, der Klägerin stehe gem. §§ 1601, 1603 Abs. 2 BGB bis zur Beendigung der Ausbildung mit dem von ihr erstrebten Realschulabschluss bei der Erwachsenenschule Bremen Unterhalt zu.
Es handele sich bei der von ihr absolvierten Ausbildung um eine allgemeine Schulausbildung i.S.d. § 1603 BGB. Die Realschulausbildung, die sie bei der Erwachsenenschule Bremen in Tages- und Abendform absolviere, sei eine vollzeitbeschäftigte Ausbildung. In der Tagesform dauere die Ausbildung von Montag bis Freitag von 8.10 Uhr bis 14.00 Uhr. Darüber hinaus müsse eine regelmäßig anzusetzende Vor- und Nachbearbeitungszeit von weiteren 20 Stunden angesetzt werden. Eine vollschichtige Inanspruchnahme der Klägerin sei daher gegeben.
Dies gelte auch für die Abendausbildung, die die Klägerin jedoch nicht gewählt habe. Auch die Dauer der Ausbildung von nur 1 1/2 Jahren sei als angemessen zu beurteilen.
Es sei unbeachtlich, dass die Klägerin erst nach Eintritt der Volljährigkeit einer weiteren Schulausbildung nachgehe. Ihr sei nicht anzulasten, dass sie während der Zeit der Minderjährigkeit einen derartigen Abschluss durch Ausfallzeiten oder Lernschwäche nicht erreicht habe. Insoweit sei der diesbezügliche Einwand des Beklagten unbeachtlich, der im Übrigen verkenne, dass er sich während des gesamten Lebensweges mit Ausnahme der Unterhaltszahlungen nicht ansatzweise um die Entwicklung und damit auch die Schulausbildung seiner Tochter bemüht habe. Im Rahmen von Umgangskontakten und der dortigen Einflussmöglichkeiten wäre ihm dies nach Auffassung des OLG durchaus möglich gewesen.
Das OLG bejahte die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten bis zum voraussichtlichen Ende der Ausbildung im Juli 2006.
Link zur Entscheidung
OLG Naumburg, Urteil vom 09.05.2006, 3 UF 170/05