Leitsatz

  • Zustimmungspflicht aller benachteiligten Wohnungseigentümer zu baulicher Veränderung des Gemeinschaftseigentums durch Vereinbarung abdingbar

    Erneuter Eigentümerbeschluss gleichen Inhalts

    Keine Kostenfreistellung

 

Normenkette

§ 10 Abs. 4 WEG, § 16 Abs. 3 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 45 Abs. 2 WEG

 

Kommentar

1. Eine von § 22 Abs. 1 WEG abweichende Vereinbarungsregelung in der Gemeinschaftsordnung ist zulässig (hier zum Streitfall einer Sanierung von Dach- und Not-Terrassen nunmehr in Satteldachform). Vorliegend kann sogar offen bleiben, ob es sich insoweit überhaupt um eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 WEG handelt oder lediglich um eine Maßnahme ordnungsgemäßer Instandsetzung (modernisierende Instandsetzung), die nach § 21 Abs. 3 und 5 Nr. 2 WEG mit Stimmenmehrheit beschlossen werden kann.

Wird die an sich erforderliche Zustimmung eines Wohnungseigentümers zu einer baulichen Veränderung aufgrund einer in der Gemeinschaftsordnung getroffenen Regelung durch einen Mehrheitsbeschluss ersetzt, so ist dieser Beschluss für ihn bindend; gleichzeitig hat er sich an den Kosten der baulichen Veränderung zu beteiligen (vgl. auch BayObLG, NJW-RR 90, 209).

2. Der hier ergangene rechtskräftige Beschluss des Amtsgerichts, durch den ein Eigentümerbeschluss insoweit für ungültig erklärt wurde, als eine Sanierung der Terrassen und Not-Terrassen beschlossen wurde, stand einem späteren Eigentümerbeschluss mit gleichem Inhalt nicht entgegen. Wohnungseigentümern steht es grundsätzlich frei, über eine schon durch Eigentümerbeschluss geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut zu beschließen (BGHZ 113, 197, 200). Dieser (erneute) Eigentümerbeschluss kann dann Gegenstand einer (weiteren) gerichtlichen Überprüfung sein, der die Rechtskraft der Entscheidung über den früheren Eigentümerbeschluss nicht entgegensteht (BayObLG, NJW-RR 1994, 658/659).

3. Ist von einem bindenden Mehrheitsbeschluss auf Genehmigung einer baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums auszugehen, gilt auch nicht der Grundsatz des § 16 Abs. 3 HS 2 WEG zur Kostentragung bzw. -freistellung. Nach dieser gesetzlichen Bestimmung werden nur Wohnungseigentümer von anteiliger Kostentragung freigestellt, die nicht zustimmen müssen, weil sie durch die Änderung nicht beeinträchtigt werden und deshalb nicht zugestimmt haben. Vorliegend entfaltete der Mehrheitsbeschluss auch Bindungswirkung für und gegen die Antragsteller ( § 10 Abs. 4 WEG). Ist § 22 Abs. 1 WEG abbedungen, kann ebenfalls § 16 Abs. 3 HS 2 WEG nicht zur Anwendung gelangen (BayObLG, NJW-RR 90, 209).

4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung gesamtschuldnerisch zu Lasten der Antragsteller bei Geschäftswert für alle Rechtszüge von 57.661 DM.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 21.09.1995, 2Z BR 62/95)

Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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