Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 21 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 2 WEG, § 22 Abs. 1 WEG
Kommentar
1. Der Anbau eines Personenaufzuges an das Treppenhaus eines 1910 errichteten Wohnhauses ist eine bauliche Maßnahme, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht.
2. Erklärt eine Gemeinschaftsordnung "alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um die bestehenden baulichen Anlagen und Einrichtungen des gemeinschaftlichen Eigentums auf den modernsten Stand der Technik zu erhalten und zu bringen", zu Angelegenheiten der ordnungsgemäßen Verwaltung, so fällt der Anbau eines Personenaufzuges an das Treppenhaus nicht unter diese Regelung. Der zusätzliche Bau eines solchen Personenaufzuges bedeutet nämlich die Errichtung einer neuen, bisher nicht vorhandenen Anlage, sodass auch die restlichen Eigentümer die damit einhergehenden Beeinträchtigungen nicht im Sinne des § 14 WEG dulden müssten.
Abgesehen von einer möglichen Geräuschbelästigung werde auch durch den Anbau des Aufzugs die Belichtung des Treppenhauses im vorliegenden Fall verschlechtert, die Hausfassade zum Hof hin verändert und die Aussicht anderer Wohnungseigentümer von ihrer Wohnung beeinträchtigt. Zugleich müssten zur Schaffung von Zutrittsmöglichkeiten Durchbrüche in der Außenwand des Gebäudes erfolgen und gleichzeitig damit die Verlegung von Fenstern im Treppenhaus, sodass sogar von einer starken Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes der Hausfassade zum Hof hin gesprochen werden müsse.
Die zitierte Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung beziehe sich in richtiger Auslegung nach ihrem Wortlaut nur auf einzelne Teile des Gemeinschaftseigentums. Der Anbau eines Personenaufzuges bedeute nicht nur eine Veränderung des Treppenhauses, sondern des gemeinschaftlichen Eigentums insgesamt. Das Vorhandensein eines Personenaufzuges sei auch keine Frage des modernsten Standes der Technik, sondern eine Frage des Komforts eines Wohnhauses, da schon bei der Erbauung des Hauses 1910 Personenaufzüge durchaus bekannt waren und teilweise in entsprechend komfortabel ausgestatteten Häusern schon damals eingebaut wurden. Auch heute ist es keineswegs allgemeiner Standard, in mehrstöckige Häuser einen Personenaufzug einzubauen.
Schließlich sei es auch nach Bayerischer Bauordnung nicht notwendig, einen Personenaufzug einzubauen; Art. 37 Abs. 6 S. 1 Bayerische Bauordnung verlange dies erst bei Gebäuden von mehr als 5 Vollgeschossen, wobei nach Art. 37 Abs. 6 S. 4 BayBO ein nachträglich ausgebautes Dachgeschoss unberücksichtigt bleibe. Im vorliegenden Fall habe das Gebäude ohne das ausbaufähige Dachgeschoss 5 Vollgeschosse gehabt.
3. Kostenentscheidung einschließlich außergerichtlicher Kostenerstattung zulasten des Rechtsbeschwerdeführers.
Geschäftswertfestsetzung in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen DM 200.000,- auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 23.07.1992, 2Z BR 39/92)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer