Alexander C. Blankenstein
Leitsatz
Die Verpflichtung der Wohnungseigentümer, die Anbringung einer Parabolantenne an dem gemeinschaftlichen Haus zu dulden, ist nicht von der Staatsbürgerschaft des Miteigentümers abhängig, der die Antenne angebracht hat. Voraussetzung, eine Antenne anbringen lassen zu dürfen, ist die Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Dieser steht das Recht zu, den Ort der Anbringung zu bestimmen.
Fakten:
Eine Wohnungseigentümerin polnischer Herkunft, jedoch mit deutscher Staatsangehörigkeit, hatte am Geländer vor einem zu ihrer Wohnung gehörenden bodentiefen Fenster eine Parabolantenne angebracht. Die Antenne ermöglichte den Empfang einer Vielzahl polnischsprachiger Fernsehprogramme, während über Kabel lediglich zwei derartige Programme zu empfangen waren. Die Wohnungseigentümerin wurde seitens der Eigentümergemeinschaft auf Rückbau der Antenne verklagt. Dieser Klage wurde nunmehr letztinstanzlich vom BGH stattgegeben. Die Antenne musste entfernt werden.
Die Wohnungseigentümerin muss sich jedoch nicht auf den Empfang der beiden in das Breitbandkabel eingespeisten Sender verweisen lassen. Dass sie und ihre Familienangehörigen ihre polnische Staatsangehörigkeit aufgegeben und die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen haben, schränkt den Schutz ihres Informationsinteresses durch Art. 5 Abs. 1 GG nicht ein. Das gilt auch für die Wirkungen der Grundrechte im Privatrecht. Das Interesse der Wohnungseigentümerin, von polnischen Fernsehsendern über die Ereignisse aus dem näheren Bereich ihres früheren Heimatlands unterrichtet zu werden, ist offensichtlich. Dieses Interesse führt dazu, dass die übrigen Wohnungseigentümer der Wohnungseigentümerin den Empfang der per Satellit ausgestrahlten polnischen Programme ermöglichen müssen.
Dieser Anspruch der Wohnungseigentümerin geht jedoch weder dahin, dass diese hierzu eine Antenne an das Geländer vor dem Fenster ihrer Wohnung anbringen kann, noch dahin, dass ihr hierzu kein weiterer Aufwand zugemutet werden dürfte. Das ästhetische Interesse der übrigen Miteigentümer und das Informationsinteresse der Wohnungseigentümerin sind vielmehr gegeneinander abzuwägen. Jedenfalls besteht auch die Möglichkeit, die Antenne im Dachbereich des Gebäudes anzubringen, wodurch der ästhetische Eindruck des Gebäudes weniger beeinträchtigt wird. Die Abwägung führt dazu, dass die Wohnungseigentümerin verlangen kann, dass die übrigen Wohnungseigentümer der Anbringung einer Parabolantenne auf dem Dach des Hauses oder in dessen Dachbereich zustimmen. Die Duldungspficht der Miteigentümer führt insoweit nicht dazu, dass die Wohnungseigentümerin ohne deren Zustimmung berechtigt wäre, die zur Anbringung der Antenne notwendigen Arbeiten am Dach des Hauses vornehmen zu lassen. Den Miteigentümern ist es vielmehr vorbehalten, den konkreten Ort im Dachbereich des Gebäudes zu bestimmen, an dem die Antenne angebracht werden darf.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 13.11.2009, V ZR 10/09
Fazit:
Der BGH hat zwar klargestellt, dass ein etwaiger Anspruch eines Wohnungseigentümers gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Duldung einer Parabolantenne nicht von dessen Staatsbürgerschaft abhängig ist. Gleichwohl erging diese Entscheidung vor dem Hintergrund ausländischer Herkunft des betreffenden Wohnungseigentümers. Inwieweit diese Entscheidung übertragen werden kann auf ein besonderes Informationsinteresse eines deutschstämmigen Wohnungseigentümers, etwa eines Journalisten, der als Freiberufler von seiner Wohnung aus arbeitet, ist damit zwar noch nicht definitiv geklärt, scheint aber grundsätzlich möglich.