Leitsatz

Geschiedene Eltern eines minderjährigen Kindes stritten sich über das Umgangsrechts des Vaters mit dem Sohn, der in dem Haushalt seiner Mutter lebte.

Mit Zustimmung der Eltern, jedoch ohne deren und des Kindes vorherige persönliche Anhörung, verfügte das FamG durch Beschluss vom 29.3.2006 ein Umgangsrecht des Vaters mit dem Sohn in jeder geraden Kalenderwoche von Freitag 12.00 Uhr bis Sonntag 18.00 Uhr und verpflichtete den Vater, das Kind pünktlich zur Kindesmutter zurückzubringen. In seinem dem Beschluss vorausgegangenen Bericht hatte das zuständige Jugendamt auf große Konflikte der Eltern untereinander und eine schwierige Rückgabe des Kindes vom Vater zur Mutter hingewiesen.

Wegen Verstoßes des Vaters gegen seine Pflicht zur pünktlichen Rückgabe des Kindes beantragte die Mutter die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen ihn. Der Vater trat dem Antrag entgegen mit dem Hinweis, die unpünktliche Rückgabe des Kindes beruhe auf dessen hartnäckiger Weigerung, zur Mutter zurückzukehren.

Ohne persönliche Anhörung der Eltern und des Kindes und auch ohne Anhörung des zuständigen Jugendamtes drohte das FamG durch den angegriffenen Beschluss dem Vater ein Zwangsgeld für den Fall an, dass er entgegen der familiengerichtlichen Verfügung den Sohn nicht zur verfügten Zeit zur Mutter zurückbringe.

Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Vaters, der das FamG nicht abgeholfen hat.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Beschwerde für begründet.

Im Vorfeld der zwangsweisen Vollziehung gerichtlicher Umgangsverfügungen sei bei der Androhung von Zwangsmitteln zu berücksichtigen, dass ihre Androhung und ihr Vollzug auf die Belange des Kindes Rücksicht zu nehmen habe (BVerfGE 31, 194, 205 ff. = FamRZ 1971, 421; BGH v. 12.3.1986 - IVb ZB 87/85, NJW-RR 1986, 1264, 1265).

Deshalb strahle das Kindeswohl auch bereits auf die vom Gesetz zwingend bzw. regelmäßig vorgeschaltete Androhung von Zwangsmitteln aus. Eine Durchsetzung mit Zwang scheide u.a. dann aus, wenn eine Umgangsregelung abzuändern wäre (Keidel/Zimmermann, a.a.O., Rz. 19 m..w.N.). Ebenso lag nach Auffassung des OLG der Fall hier. Das FamG habe die erforderliche Rücksichtnahme auf das Kindeswohl ermessensfehlerhaft vermissen lassen. Diese Rücksicht sei im vorliegenden Verfahren der Zwangsgeldandrohung geboten gewesen, weil das FamG im vorausgegangenen Erkenntnisverfahren über die Umgangsregelung die nach §§ 50a und 50b FGG vorgesehenen persönlichen Anhörungen der Eltern und des Kindes unterlassen habe, obgleich hierzu nach Bericht des Jugendamtes ausreichend Anlass bestanden habe.

Da es nicht fern liege, dass die bereits zu vollziehende Umgangsregelung nicht dem Kindeswohl entspreche und sie möglicherweise abzuändern wäre, seien Gründe, die die Frage der Ausübung des Umgangsrechts und des Verschuldens des unter dem Vorwurf der Zuwiderhandlung gegen die Umgangsregelung stehenden Elternteils betreffen, ausnahmsweise im vorliegenden Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen.

Eine Klärung in das zeitlich nachfolgende Verfahren der Zwangsgeldfestsetzung zu verschieben, wahre weder das Kindeswohl noch das Elterninteresse an einer kindgerechten Erziehung.

Die ermessensfehlerhafte Sachbehandlung müsse zur Aufhebung der Entscheidung und zur Zurückverweisung an das FamG führen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.02.2007, 20 WF 5/07

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge