Entscheidungsstichwort (Thema)

Androhung eines Zwangsgeldes

 

Leitsatz (amtlich)

Bleibt im Erkenntnisverfahren über die Umgangsregelung ungeklärt, ob eine Umgangsmodalität (hier: Zeitpunkt der Rückführung des Kindes durch den Umgangsberechtigten) dem Kindeswohl entspricht, ist es ermessensfehlerhaft, ohne weitere Sachaufklärung dem Umgangsberechtigten wegen Zuwiderhandlung gegen die Umgangsverfügung ein Zwangsgeld anzudrohen.

 

Normenkette

FGG § 33

 

Verfahrensgang

AG Weinheim (Beschluss vom 18.12.2006; Aktenzeichen 3 F 146/05 ZW)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Vaters wird der Beschluss des AG - FamG - Weinheim vom 18.12.2006 - 3 F 146/05 ZW - aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das AG - FamG - Weinheim zurückverwiesen.

2. Der Beschwerdewert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Ehe der Eltern des Kindes Maximilian ist seit Ende 2004 geschieden. Mit Zustimmung der Eltern, jedoch ohne deren und des Kindes vorherige persönliche Anhörung, verfügte das FamG durch Beschluss vom 29.3.2006 ein Umgangsrecht des Vaters mit Maximilian in jeder geraden Kalenderwoche von Freitag, 12:00 Uhr, bis Sonntag, 18:00 Uhr, und verpflichtete den Vater, das Kind pünktlich zur Kindesmutter zurückzubringen. In seinem dem Beschluss vorausgegangenen Bericht vom 7.3.2006 hatte das zuständige Jugendamt auf große Konflikte der Eltern untereinander und - aufgrund der Schilderungen der Eltern - eine schwierige Rückgabe des Kindes vom Vater zur Mutter hingewiesen.

Wegen Verstoßes des Vaters gegen seine Pflicht zur pünktlichen Rückgabe des Kindes am 05.11. und 3.12.2006 hat die Mutter eine Zwangsgeldfestsetzung gegen den Vater beantragt. Dieser ist dem Antrag mit dem Hinweis entgegengetreten, die unpünktliche Rückgabe des Kindes beruhe auf dessen hartnäckiger Weigerung, zur Mutter zurückzukehren.

Ohne persönliche Anhörung der Eltern und des Kindes sowie - soweit ersichtlich - auch ohne Anhörung des zuständigen Jugendamtes drohte das FamG durch den angegriffenen Beschluss dem Vater ein Zwangsgeld bis zur Höhe von 25.000 EUR für den Fall an, dass er entgegen der familiengerichtlichen Verfügung Maximilian nicht zur verfügten Zeit zur Mutter zurückbringt.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Vaters, der auf ein seit Anfang 2006 bestehendes Abwehrverhalten des Kindes bei der Rückführung zur Mutter verweist und das Unterlassen von Anhörungen, insb. des Kindes, durch das FamG rügt. Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen, deren Zurückweisung die Mutter beantragt.

II. Die gem. §§ 621 Abs. 1 Nr. 2, 621a Abs. 1 S. 1 ZPO, §§ 64 Abs. 3 S. 1 und 2, 19, 20 Abs. 1 FGG zulässige Beschwerde ist begründet. Dass vor der Zwangsgeldandrohung kein Vermittlungsverfahren gem. § 52a FGG durchgeführt wurde, steht dem Verfahren nach § 33 FGG nicht entgegen. Die Durchführung eines Vermittlungsverfahrens nach § 52a FGG ist nicht Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Antrags auf Festsetzung eines Zwangsgeldes, nachdem beides voneinander unabhängige Verfahrensarten sind (OLG Karlsruhe - 2. ZS, OLG Karlsruhe v. 26.10.2004 - 2 WF 176/04, OLGReport Karlsruhe 2005, 12 = FamRZ 2005, 1698).

Die Androhung eines Zwangsgelds für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Umgangsregelung steht im pflichtgemäßen Ermessen des FamG (Senat, FamRZ 1998, 637; Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 33 Rz. 22 m.w.N.). Zwar setzt sie - anders als die endgültige Zwangsgeldfestsetzung - nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (a.a.O.; vgl. auch Keidel/Zimmermann, a.a.O., Rz. 22a) nicht voraus, dass ein Verschulden des betreffenden Elternteils feststeht oder dass eine Zuwiderhandlung bereits erfolgt ist. Deshalb können Gründe, die das Besuchsrecht selbst und die Frage seiner Ausübung betreffen, grundsätzlich nicht mehr vorgetragen werden (OLG Karlsruhe v. 1.10.1980 - 16 UF 55/80, FamRZ 1981, 203).

Jedoch ist bereits im Vorfeld der zwangsweisen Vollziehung gerichtlicher Umgangsverfügungen bei der Androhung von Zwangsmittel zu berücksichtigen, dass ihre Androhung und ihr Vollzug auf die Belange des Kindes Rücksicht zu nehmen hat (BVerfGE 31, 194, 205 ff. = FamRZ 1971, 421; BGH v. 12.3.1986 - IVb ZB 87/85, NJW-RR 1986, 1264, 1265). Deshalb strahlt das Kindeswohl auch bereits auf die vom Gesetz zwingend bzw. regelmäßig vorgeschaltete Androhung von Zwangsmitteln aus (Senat, FamRZ 1998, 637) und eine Durchsetzung mit Zwang scheidet u.a. dann aus, wenn eine Umgangsregelung abzuändern wäre (Keidel/Zimmermann, a.a.O., Rz. 19m. w. N).

So liegt der Fall hier. Das FamG hat die erforderliche Rücksichtnahme auf das Kindeswohl ermessensfehlerhaft vermissen lassen. Diese Rücksicht war im vorliegenden Verfahren der Zwangsgeldandrohung geboten, weil das FamG im vorausgegangenen Erkenntnisverfahren über die Umgangsregelung die nach §§ 50a und b FGG vorgesehenen persönlichen Anhörungen der Eltern und des Kindes unterlassen hat, obwohl hierzu nach dem Bericht des Jugendamtes vom 7.3.2006 ausreichend Anlass bestand. Da es danac...

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