Leitsatz
Im Ehescheidungsverfahren wurde anlässlich des Verhandlungstermins auch die Sach- und Rechtslage zur Durchführung des Versorgungsausgleichs zwischen den Parteien erörtert. Beide Parteien gaben Erklärungen zu ihrer versicherungspflichtigen Tätigkeit und zu früher bestehenden Versicherungen ab. Die Ehefrau war während der Ehezeit in den Niederlanden versicherungspflichtig tätig, während der Ehemann zu keinem Zeitpunkt eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt, jedoch als Selbständiger der Altersversorgung dienende Versicherungen abgeschlossen hatte. Es bestanden mithin Unsicherheiten, ob und in welcher Höhe die Ehefrau in den Niederlanden Anwartschaften erworben hatte und ob diese als ausländische Anwartschaften in den Versorgungsausgleich einzustellen seien. Ferner bestanden Unsicherheiten über die rechtliche Qualität, die Dauer und die Höhe der eventuell einzustellenden Anwartschaften des Ehemannes.
Aufgrund dieser Umstände und einer relativ knappen Ehedauer von nicht einmal vier Jahren kamen die Parteien überein, einen "Vergleich" zu schließen, nach dessen Inhalt sie sich darüber einig waren, dass im Rahmen des Scheidungsverfahrens von der Durchführung des Versorgungsausgleichs abgesehen werde.
Der dem Ehemann im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnete Anwalt beantragte im Rahmen der Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren auch die Festsetzung einer Vergleichsgebühr. Diese hat der Rechtspfleger zunächst abgelehnt. Auf die Erinnerung des Bevollmächtigten des Ehemannes ist die Vergleichsgebühr nebst Mehrwertsteuer nachträglich festgesetzt und die Beschwerde ausdrücklich zugelassen worden. Die Landeskasse machte von diesem Rechtsmittel Gebrauch und begehrte im Wege der Beschwerde die Abänderung des angefochtenen Beschlusses und die Absetzung der Einigungsgebühr.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, durch den protokollierten Vergleich sei zugunsten des Beschwerdegegners eine Einigungsgebühr nach RVG-VV Nr. 1000 angefallen.
Es hätten Unklarheiten in Bezug auf die jeweils in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anwartschaften bestanden. Mit Rücksicht auf diese Unsicherheiten und im Hinblick auf die relativ kurze Ehedauer hätten sich die Parteien darauf geeinigt, von der Durchführung des Versorgungsausgleichs abzusehen. Für eine Einigung im Sinne des RVG-VV reiche es aus, dass beide Seiten vertragsgemäß etwas anerkennen oder auf etwas verzichten, was sie gefordert hätten oder jedenfalls hätten fordern können.
Demzufolge könne die Einigungsgebühr entstehen, wenn beide Parteien auf die Geltendmachung von Ansprüchen verzichteten.
Die von der Beschwerde vertretenen Auffassung, wonach keine Einigungsgebühr entstehe, wenn sich der Vertrag ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht beschränke, ergäbe nichts anderes. Unter Verzicht in diesem Sinne sei der Fall zu verstehen, dass der von den Beteiligten geschlossene Vertrag ausschließlich den Verzicht des Gläubigers auf den gesamten Anspruch zum Inhalt habe. Diese Auffassung reduziere den beiderseits erklärten Verzicht auf einen Verzicht des letztendlich ausgleichspflichtigen Ehepartners. Dies werde den Fällen nicht gerecht, in denen - wie vorliegend - im Zeitpunkt des Verzichts noch Unklarheiten darüber bestanden hätten, welcher Ehegatte letztendlich durch den Ausgleich begünstigt sein werde.
Der vorliegende Fall unterscheide sich insoweit von den Fällen, in denen im Zeitpunkt der beiderseitigen Verzichtserklärung etwa aufgrund eingeholter Auskünfte bereits feststehe, wem und in welcher Höhe ein Ausgleichsanspruch zustehe. In diesen Fällen werde eine Einigungsgebühr schon deshalb nicht anfallen, weil im Zeitpunkt der beiderseitigen Verzichtserklärung weder Streit noch Ungewissheit über Ausgleichsberechtigung und -höhe bestanden habe.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.01.2008, II-10 WF 35/07