Leitsatz
Das FamG hatte mit Beschluss vom 11.5.2010 auf Antrag der sorgeberechtigten Kindesmutter im Wege einstweiliger Anordnung die Unterbringung des betroffenen Minderjährigen in der Klinik N. unter geschlossenen Bedingungen vorläufig bis zum 23.6.2010 familiengerichtlich genehmigt. Die Anhörung des Betroffenen war am 17.5.2010 nach Abgabe des Verfahrens an ein anderes AG erfolgt.
Der betroffene Minderjährige wehrte sich mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des AG und begehrte die Aufhebung der Genehmigung seiner Unterbringung.
Das OLG hielt die Beschwerde für statthaft und zulässig, in der Sache jedoch für nicht begründet.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG wies zunächst darauf hin, dass gemäß § 57 S. 1 FamFG einstweilige Anordnungen aus dem Bereich der Familiensachen grundsätzlich nicht anfechtbar seien.
Eine Ausnahme für vorläufige Maßnahmen nach § 1631b BGB sei im Katalog des § 57 S. 2 FamFG zumindest ausdrücklich nicht vorgesehen. Die Verfahren über die elterliche Sorge nach § 57 S. 2 Ziff. 1 FamFG bezögen sich nach grammatikalisch-systematischer Auslegung allein auf die Kindschaftssachen in § 151 Ziff. 1 FamFG (elterliche Sorge) und schlössen die Unterbringungsverfahren nach § 1631b BGB unter § 151 Ziff. 6 FamFG dadurch aus.
Allerdings verweise § 167 Abs. 1 S. 1, 1. Var. FamFG auf die Unterbringungsverfahren Minderjähriger über § 312 Ziff. 1 FamFG auf die Vorschriften für die freiheitsentziehenden Unterbringungen von Erwachsenen in den §§ 312 ff. FamFG.
Da diese Regelungen in den §§ 335 ff. FamFG lediglich "ergänzende Vorschriften über die Beschwerde" enthielten, setzten sie die allgemeine Beschwerdemöglichkeit nach §§ 58 ff. FamFG notwendigerweise voraus. Dem § 57 FamFG vergleichbare Einschränkungen für die Anfechtung einer einstweiligen Anordnung ggü. einem Erwachsenen beständen nicht, da es sich bei dieser Unterbringung nicht um eine Familiensache i.S.v. § 57 S. 1 FamFG handele.
Angesichts der erheblichen Grundrechtsrelevanz einer geschlossenen Unterbringung gebiete es der Verweis in § 167 Abs. 1 S. 1 FamFG auf die §§ 312 ff. FamFG, die Anfechtungsmöglichkeit einer einstweiligen Anordnung auch ggü. einem Minderjährigen nicht grundsätzlich zu versagen. Dabei könne es dahinstehen, ob § 57 FamFG im Wege einer Rechtsgrundverweisung nach § 167 Abs. 1 S. 1 FamFG vollständig verdrängt werde oder ob der Begriff der "elterlichen Sorge" in § 57 S. 2 Ziff. 1 FamFG durch verfassungskonforme und theologische Auslegung dahingehend zu erweitern sei, dass er in einem ganzheitlich materiell-rechtlichen Sinne auch die Verfahren nach § 1631b BGB umfasse.
In der Sache selbst stoße die Entscheidung des FamG nicht auf rechtliche Bedenken, die Unterbringung des betroffenen Jugendlichen sei zu seinem Wohl erforderlich.
Nach der Stellungnahme der Stationsärztin leide er an einem akuten Schub einer paranoiden Schizophrenie. Es müsse aufgrund der ärztlichen Stellungnahme weiterhin von einer Selbstgefährdung des Jugendlichen ausgegangen werden. Bei seiner Entlassung müsste mit einem Rückfall in seine schädlichen Verhaltensstrukturen gerechnet werden, die er auch vor Aufnahme in die Klinik gezeigt habe.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 15.06.2010, II-2 WF 113/10