Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Grundsätzlich mündliche Verhandlung vor dem Landgericht auch bei Zurückverweisungsabsicht an das Amtsgericht
Normenkette
§ 23 Abs. 4 S. 2 WEG, § 44 Abs. 1 WEG, § 12 FGG, § 25 FGG
Kommentar
Zu 1.:
Ein wirksamer Antrag auf Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen liegt vor, wenn zunächst sämtliche Beschlüsse einer Eigentümerversammlung angefochten werden, weil der Verwalter das Protokoll über die Eigentümerversammlung nicht innerhalb der Anfechtungsfrist verschickt hat und der Antrag auf Ungültigerklärung nach Ablauf der Anfechtungsfrist nur auf bestimmte Beschlüsse nach der Tagesordnung beschränkt wird.
Die 1-Monats-Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG ist eine materiell rechtliche Ausschlussfrist und nicht eine verfahrensrechtliche Frist (BayObLG, NJW-RR 90, 210). Ein solcher Anfechtungsantrag muss auch nicht innerhalb der Anfechtungsfrist begründet werden (BayObLG, RPfI. 74,401). Wenn ein Antragsteller mit späterem Schriftsatz die Anfechtung einiger Beschlüsse nicht weiter verfolgt und seinen ursprünglichen allgemeinen Antrag insoweit zurücknimmt, ist ein solches Verfahren rechtlich zulässig (KG Berlin, ZMR 86, 62).
Bei der Kostenentscheidung hinsichtlich der zurückgenommenen Anträge kann berücksichtigt werden, dass - wie im vorliegenden Fall zum Ausdruck gebracht - ein Antragsteller ein Anfechtungsverfahren insoweit nur deshalb eingeleitet hat, weil der Verwalter das Protokoll über die Eigentümerversammlung nicht innerhalb der Anfechtungsfrist verschickt hat (BayObLG, WM 90, 322).
Zu 2.:
Nach § 44 Abs. 1 WEG soll in WE-Sachen das Gericht mit den Beteiligten in der Regel mündlich verhandeln und dabei darauf hinwirken, dass sie sich gütlich einigen. Die mündliche Verhandlung dient auch der Sachverhaltsaufklärung ( § 12 FGG). Dieser Grundsatz gilt auch für das Beschwerdegericht. Die mündliche Verhandlung hat beim LG vor der vollbesetzten Kammer stattzufinden. Von einer solchen mündlichen Verhandlung kann nur in besonderen Ausnahmefällen abgesehen werden, was einer entsprechenden Begründung bedarf (hier verneint). Vor Gericht verhandelt werden muss grundsätzlich auch dann, wenn das LG eine Zurückverweisung an das Erstgericht beabsichtigt. Vorliegend hat auch das LG nicht dargetan, was und warum es eine mündliche Verhandlung für entbehrlich angesehen hat.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 30.05.1995, 2Z BR 41/95= NJW-RR 19/95, 1166)
Zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren
Anmerkung:
Verspätete Protokollversendung (bei vereinbarter Versendungspflicht) kann so nur zu einer für den Verwalter negativen gerichtlichen Kostenentscheidung führen. Deshalb darf ich protokollversendungspflichtige Verwalter noch einmal auf die h.R.M. eindringlich hinweisen, Protokolle so rechtzeitig an die Eigentümer abzusenden, dass sie diesen - gemäß h.R.M. - innerhalb von 3 Wochen im Anschluss an den Versammlungstermin zugehen.