Entscheidungsstichwort (Thema)
Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen
Verfahrensgang
AG Kempten (Aktenzeichen UR II 37/93) |
LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 587/95) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 31. März 1995 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur mündlichen Verhandlung und neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht Kempten (Allgäu) zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren und für die Verfahren vor dem Amtsgericht und dem Landgericht wird auf jeweils 60 000 DM festgesetzt; die Geschäftswertfestsetzung im Beschluß des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) vom 1. Februar 1995 wird entsprechend abgeändert.
Gründe
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Der Antragsteller hat am 19.5.1993 beantragt, „die von der Antragsgegnerin in der Wohnungseigentümerversammlung vom 24.4.1993 gefaßten Beschlüsse” für ungültig zu erklären. Er hat dazu ausgeführt:
Der Antragsteller hält die von der Antragsgegnerin in dieser Versammlung gemachten Beschlüsse für rechtswidrig, sie werden insgesamt hiermit angefochten. Eine Konkretisierung der Anfechtung und nähere Begründung ist heute noch nicht möglich, da die Verwalterin wieder einmal das Protokoll der Eigentümerversammlung unter Verstoß gegen die von der Rechtsprechung festgelegten Grundsätze viel zu spät an die Wohnungseigentümer herausgibt. Jedenfalls liegt bis jetzt das Protokoll nicht vor. Eine nähere Bezeichnung und Begründung der einzelnen Beschlüsse ist daher noch nicht möglich. Dies wird nach Eingang des Versammlungsprotokolls mit gesondertem Schriftsatz erfolgen. Zur Wahrung der gesetzlichen Anfechtungsfrist richtet sich diese Anfechtung gegen sämtliche Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 24.4.1993 mit dem Antrag, diese Beschlüsse für ungültig zu erklären.
Am 4.8.1993 hat der Antragsteller sodann beantragt, mehrere näher bezeichnete Beschlüsse der Versammlung vom 24.4.1993 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat am 28.12.1994 beschlossen, die jetzt noch angefochtenen Eigentümerbeschlüsse in vier getrennten Verfahren zu behandeln. Mit Beschluß vom 1.2.1995 hat es die Anträge auf Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse zu TOP 4 (Jahresabrechnung 1992), TOP 6 (Entlastung des Verwalters) und TOP 7 (Entlastung des Verwaltungsbeirats) als unzulässig abgewiesen. Das Landgericht hat am 31.3.1995 auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers den Beschluß des Amtsgerichts vom 1.2.1995 aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
II.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Die Entscheidung beruht auf einem Verfahrensmangel, weil das Landgericht nicht mündlich verhandelt hat (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG, § 550 ZPO, § 44 Abs. 1 WEG).
a) Nach § 44 Abs. 1 WEG soll in Wohnungseigentumssachen der Richter mit den Beteiligten in der Regel mündlich verhandeln und dabei darauf hinwirken, daß sie sich gütlich einigen. Die mündliche Verhandlung dient auch der Sachverhaltsaufklärung (§ 12 FGG). § 44 Abs. 1 WEG gilt auch für das Beschwerdegericht; die mündliche Verhandlung hat beim Landgericht vor der vollbesetzten Kammer stattzufinden. Von der mündlichen Verhandlung kann nur in besonderen Ausnahmefällen abgesehen werden (vgl. dazu BayObLG NJW-RR 1988, 1151 f.; WE 1991, 197 f.; Henkes/Niedenführ/Schulze WEG 3. Aufl. § 44 Rn. 3 ff.). Wird ein solcher Ausnahmefall angenommen, bedarf dies einer entsprechenden Begründung (BayObLG WuM 1992, 702).
b) Gegen diese Grundsätze hat das Landgericht verstoßen. Es hat nicht mit den Beteiligten mündlich verhandelt. Ein Ausnahmefall, in dem von der mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann, liegt auch dann nicht vor, wenn eine Zurückverweisung an das Erstgericht in Betracht kommt. Hinzu kommt, daß das Landgericht auch nicht dargetan hat, daß und warum es eine mündliche Verhandlung für entbehrlich angesehen hat.
c) Das Landgericht wird auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.
Der Geschäftswert wird für alle Rechtszüge gemäß § 48 Abs. 3 WEG auf 60 000 DM festgesetzt. Es erscheint angemessen, den Teilgeschäftswert für den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses über die Jahresabrechnung (TOP 4) mit 25 % der in der Jahresabrechnung vorgesehenen Gesamtausgaben in Höhe von etwa 200 000 DM festzulegen (BayObLGZ 1979, 312/314 f.). Es erscheint ferner angemessen, für die beiden übrigen angefochtenen Eigentümerbeschlüsse von einem Teilgeschäftswert von jeweils 5 000 DM auszugehen. Der Senat ändert die Festsetzung des Geschäftswerts für den ersten Rechtszug gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO entsprechend ab. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschw...