Leitsatz

Anfechtung der Jahresabrechnung (Rücklagendarstellung, Teilungültigkeit, getrennte Abrechnungskreise, Zusammenfassung von Ausgabenpositionen)

 

Normenkette

§§ 28, 43 Nr. 4, 46 WEG; § 92 ZPO

 

Kommentar

  1. Hinsichtlich der Aufnahme eines Sollbetrags der Zuführungen zur Rücklage im Ausgabenteil und auch hinsichtlich der Darstellung der Zuführung zur Rücklage im Teil "erweiterte Bankstandsrechnung" war der Abrechnungsgenehmigungsbeschluss für ungültig zu erklären (vgl. BGH, Urteil v. 4.12.2009, ZMR 2010 S. 300). Geschuldete, jedoch tatsächlich nicht geleistete Zahlungen auf eine Rücklage können nicht auf das Rücklagenkonto weitergeleitet werden, weil sie der Gemeinschaft tatsächlich nicht zur Verfügung stehen. Die Weiterleitung von Geldern für eine Rücklage betrifft nur einen buchungstechnischen Vorgang, der ohne rechnerische Auswirkung auf die Saldenbildung bleiben muss.
  2. Die Beschränkung der Ungültigerklärung auf einzelne Positionen ist im Fall einer Anfechtung des Abrechnungsgenehmigungsbeschlusses möglich, wenn es sich um rechnerisch selbstständige und abgrenzbare Teile der Abrechnung handelt. Forderungen einer Gemeinschaft können allerdings nicht auf dem Weg einer Abrechnungsgenehmigung realisiert werden, wenn hier Gelder tatsächlich rechnerisch nicht geflossen sind (vorliegend zu gesonderter Belastung von Gewerbeeigentümern). Es besteht auch der Grundsatz der Einheitlichkeit einer Jahresabrechnung; vorliegend wurden nicht in der Gemeinschaftsordnung verschiedene Abrechnungsgemeinschaften mit möglicher Abrechnungstrennung gebildet. Es gab zwar – teilweise – getrennte Abrechnungskreise, die in eine gemeinsame Abrechnung integriert werden mussten. Insoweit war eine gemeinschaftliche Abrechnung für die gesamte Anlage zu erstellen, von der ausgehend nur die ausscheidbaren Kosten unter den einzelnen Benutzergruppen zu verteilen waren.
  3. Einzelne Ausgabenpositionen dürfen allerdings in einer Jahresabrechnung zusammengefasst werden. Eine detaillierte Aufschlüsselung von Kostenbeträgen ist nur insoweit erforderlich, als es einem berechtigten Informationsbedürfnis entspricht (OLG München, NJW 1995 S. 465). Zur Straffung einer Abrechnung genügt eine Aufgliederung nach Kostenarten, die schlagwortartig gekennzeichnet sind; eine Bezugnahme auf bestimmte Belege oder gar eine Aufgliederung nach Buchungsdatum, Gegenstand, Belegnummer und Betrag ist nicht erforderlich (KG Berlin, ZMR 1996 S. 526, 528). Inwieweit Einzelpositionen zusammengefasst werden können, ist deshalb eine Frage des Einzelfalls, wobei kein kleinlicher Maßstab angelegt werden darf. Positionen, an denen Eigentümer unterschiedlich beteiligt sind, dürfen im Übrigen nur gesondert ausgewiesen werden.
  4. Nach bisher h.M. war die Teilauflösung einer Rücklage wegen Ausgaben für eine Terrassensanierung in der Jahresabrechnung als entsprechende Einnahme darzustellen, wie dies auch in der streitgegenständlichen Jahresabrechnung geschehen ist; die schlagwortartige Bezeichnung "Entnahme Rücklage" trifft diesen Sachverhalt genau; für die schlagwortartige Bezeichnung im Ausgabenteil "Terrassensanierung" gab es ebenfalls keine andere Alternative. Die entsprechende Ausgabe ist ja nicht deswegen angefallen, weil die Rücklage in entsprechender Höhe aufgelöst wurde, sondern weil sie in der Realität durch Bezahlung der entsprechenden Rechnungen getätigt worden ist. Eine andere als die gewählte schlagwortartige Bezeichnung verbietet sich daher.
  5. Bei bloßer Ungültigerklärung der Darstellung der Sollzuführung zur Rücklage treffen den Anfechtungskläger die gesamten Kosten der (im Übrigen) erfolglosen Anfechtung des Beschlusses über die Jahresabrechnung (vgl. §§ 97, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, Kostenquotelung).
 

Link zur Entscheidung

LG München I, Urteil vom 29.04.2010, 36 S 9595/09

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