[1] I. In der vorliegenden Abstammungssache ficht der Antragsteller (Beteiligter zu 2) als biologischer Vater die Vaterschaft des Beteiligten zu 3 zu dem im Januar 2013 geborenen Kind (Beteiligte zu 1) an und begehrt seine Feststellung als rechtlicher Vater.

[2] Der Beteiligte zu 3 und die Kindesmutter (Beteiligte zu 4) haben zwei gemeinsame (2007 und 2011 geborene) Söhne. Sie unterhielten eine Beziehung, ohne zusammenzuleben. Der Beteiligte zu 3 kam jedoch nahezu täglich in den Haushalt der Mutter, um sich um diese und die Kinder zu kümmern. Im Herbst 2011 kam es zur Trennung, nachdem die Kindesmutter eine Beziehung zum Antragsteller aufgenommen hatte. Ende 2012 trennten sich die Kindesmutter und der Antragsteller. Nach der Geburt der Tochter im Januar 2013 kümmerte sich der Beteiligte zu 3 um alle drei Kinder. Er erkannte die Vaterschaft für die Tochter an. Die Kindesmutter ist allein sorgeberechtigt.

[3] Anfang 2014 nahm die Kindesmutter die Beziehung zum Antragsteller wieder auf. Dieser hielt sich von nun an regelmäßig in ihrer Wohnung auf und kümmerte sich ebenfalls um die drei Kinder. Der Beteiligte zu 3 strengte daraufhin ein Umgangsverfahren an. Dieses endete mit einer Vereinbarung. Nach dieser ist er berechtigt, alle drei Kinder jedes zweite Wochenende zu sich zu nehmen, wobei die Tochter aufgrund ihres jungen Alters zunächst nicht bei ihm übernachten sollte. Der Beteiligte zu 3 nimmt dieses Umgangsrecht weiterhin wahr. In der Folgezeit trennten sich die Kindesmutter und der Antragsteller wiederholt, kamen aber jeweils wieder zusammen. Seit Oktober 2016 sind sie miteinander verheiratet.

[4] Mit seinem seit August 2014 anhängigen Antrag ficht der Antragsteller die Vaterschaft des Beteiligten zu 3 an. Das Amtsgericht hat das zuständige Jugendamt zum Ergänzungspfleger des Kindes bestellt. Dieses hat für das Kind die Vaterschaft angefochten, während der Verfahrensbeistand sich gegen die Anfechtung ausgesprochen hat. Das Amtsgericht hat molekulargenetische Gutachten eingeholt, die den Ausschluss der Vaterschaft des Beteiligten zu 3 und eine Vaterschaftswahrscheinlichkeit des Antragstellers von 99,9999999 % ("Vaterschaft praktisch erwiesen") ergeben haben.

[5] Das Amtsgericht hat den vom Jugendamt als Ergänzungspfleger gestellten Antrag als unzulässig zurückgewiesen, weil die allein sorgeberechtigte Mutter der Anfechtung widersprochen habe. Den vom Antragsteller gestellten Antrag hat es als unbegründet zurückgewiesen, weil eine sozial-familiäre Beziehung des Kindes zum Beteiligten zu 3 bestehe. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberlandesgericht antragsgemäß festgestellt, dass nicht der Beteiligte zu 3, sondern der Antragsteller Vater des Kindes ist. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3, der eine Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses erstrebt.

[6] II. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

[7] 1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner in FamRZ 2016, 2135 veröffentlichten Entscheidung ausgeführt, der Antragsteller sei der leibliche Vater des Kindes und habe seinen Antrag auch innerhalb der Anfechtungsfrist gemäß § 1600b Abs. 1 BGB gestellt. Es gehe damit allein um die Frage, ob die zwischen dem Kind und dem Beteiligten zu 3 bestehende sozial-familiäre Beziehung die Anfechtung der Vaterschaft ausschließe.

[8] Es sei nicht zweifelhaft, dass zwischen Kind und rechtlichem Vater bis heute eine sozial-familiäre Beziehung i.S.v. § 1600 Abs. 2 und 3 BGB bestehe. Danach sei eine sozial-familiäre Beziehung anzunehmen, wenn der rechtliche Vater für das Kind tatsächliche Verantwortung trage oder getragen habe. Zwar greife die Regelvermutung nach § 1600 Abs. 3 S. 2 BGB, wenn der rechtliche Vater mit der Mutter des Kindes verheiratet sei oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft gelebt habe, hier nicht ein. Auch außerhalb der Vermutungstatbestände nach § 1600 Abs. 3 S. 2 BGB könne aber eine ausreichende Verantwortungsübernahme bestehen, da der Gesetzgeber bewusst nur eine Regelvermutung formuliert und keine weitere Konkretisierung vorgenommen habe, um einzelfallgerechte Lösungen zu ermöglichen. Jedenfalls im ersten Jahr nach der Geburt der Tochter habe neben der Mutter ausschließlich der Beteiligte zu 3 typische Elternpflichten wahrgenommen. Er sei damit zunächst zu dem sozial-familiären Vater des Kindes geworden. Auch nachdem die Mutter wieder mit dem Antragsteller zusammengekommen sei, habe der Beteiligte zu 3 sich nicht aus der Vaterrolle für die Tochter zurückgezogen, sondern im Gegenteil ein Verfahren angestrengt, um den Umgang mit "seiner" Tochter durchzusetzen.

[9] Das Bejahen einer sozial-familiären Beziehung zwischen Kind und rechtlichem Vater führe aber nicht zwingend dazu, dem leiblichen Vater die Anfechtungsmöglichkeit zu versagen. Die Besonderheit des vorliegenden Falls bestehe darin, dass neben dem rechtlichen auch der leibliche Vater eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind habe. Auch nach der Einschätzung des vom Amtsgericht b...

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