Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 23 WEG, § 43 WEG, § 20a FGG
Kommentar
1. Wird ein Eigentümerbeschluss über die Anbringung von Thermostatventilen und eine im Zusammenhang damit notwendige Umrüstung der Heizungsanlage von einem Wohnungseigentümer angefochten, erledigt sich die Hauptsache nicht mit der Durchführung der beschlossenen Maßnahmen. Erklärt jedoch der anfechtende Wohnungseigentümer daraufhin, er wolle eine Rückgängigmachung der Maßnahme nicht, so entfällt damit das Rechtsschutzbedürfnis für seinen Anfechtungsantrag, der unzulässig wird.
Der Beschlussanfechtung hatte das Amtsgericht stattgegeben. Nachdem die Umrüstungsarbeiten beschlussgemäß vorgenommen und mit den Wohnungseigentümern abgerechnet worden waren, erklärte der Antragsteller im Laufe der II. Instanz die Hauptsache für erledigt; das Landgericht wies die sofortige Beschwerde der Antragsgegner und auch die Geschäftswertbeschwerde (vom Amtsgericht auf DM 150.000,- festgesetzt) zurück bei erneuter Geschäftswertbestätigung von DM 150.000,-.
Das BayObLG hob auf Rechtsbeschwerde der Antragsgegner die Beschlüsse des Landgerichts und des Amtsgerichts auf und verwarf den Anfechtungsantrag des Antragstellers als unzulässig.
In einem solchen Verfahren erledige sich die Hauptsache, wenn nach Beginn des Verfahrens ein Umstand eingetreten sei, der den Verfahrensgegenstand habe wegfallen lassen, sodass eine Weiterführung des Prozesses und eine Sachentscheidung keinen Sinn mehr hätten (zuletzt BayObLG vom 7. 5. 1992, 2Z BR 28/92).
Die Ausführung und Abrechnung einer eigentümerseits beschlossenen Umrüstungsmaßnahme führe grds. nicht zu einer Hauptsacheerledigung, da bei gerichtlicher Ungültigerklärung eines solchen Beschlusses jeder Eigentümer verlangen könnte, dass die Umrüstungsarbeiten wieder rückgängig gemacht würden (einschließlich der konsequenten Beseitigung angebrachter Thermostatventile). Wegen eines solchen möglichen Anspruchs auf Rückgängigmachung durchgeführter Maßnahmen für den Fall einer Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse hätte eine gerichtliche Entscheidung durchaus noch einen Sinn, sodass eine Hauptsacheerledigung nicht eingetreten sei.
Im vorliegenden Fall habe jedoch der Antragsteller bereits nach Durchführung der beschlossenen Maßnahmen erklärt, dass eine Rückgängigmachung nicht in Betracht komme; damit habe er also zum Ausdruck gebracht, dass er sich mit den Eigentümerbeschlüssen abgefunden habe, sodass sein Rechtsschutzbedürfnis entfallen sei, ohne dass sich damit die Hauptsache erledigt hätte. Der Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses habe zur Folge, dass ein Beschlussanfechtungsantrag unzulässig werde. Damit hätte das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts aufheben und den Antrag abweisen müssen, was hiermit der Senat zu entscheiden habe.
2.Im Übrigen sei im vorliegenden Fall der Geschäftswert nach Grundsätzen der Rechtsprechung des BayObLG (BayObLGZ 1988, 319) und des Bundesverfassungsgerichts (WM 1992, 293) auf DM 30.000,- zu reduzieren (auch bei Berücksichtigung des Eigeninteresses des Antragstellers und der Interessen aller anderen Wohnungseigentümer).
Als Hauptsacheerledigungserklärung durch den Antragsteller bemesse sich ohnehin der Geschäftswert nur nach den bis dahin angefallenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten (hier: DM 9.000,-).
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 30.07.1992, 2Z BR 34/92)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Dass der Senat im vorliegenden Fall allein aus der Tatsache, dass der Antragsteller nach Beschlussdurchführung erklärt habe, dass eine Rückgängigmachung nicht in Betracht komme, aus dieser Erklärung ableitete, dass damit der Antragsteller "also" zum Ausdruck gebracht habe, dass er sich mit den Eigentümerbeschlüssen abgefunden habe, erscheint mir doch aufgrund dieser kurzen Begründung etwas rechtsbedenklich. Ohne den Sachverhalt zu konkret getroffenen Äußerungen des Antragstellers im Einzelnen zu kennen, ist es doch in vergleichbaren Fällen oft so, dass Instandsetzungsbeschlüsse angefochten und aus vielerlei überlegenswerten Gründen in Befolgung des § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG verwalterseits sofort durchgeführt werden. Ohne jegliche Antragsrücknahmeerklärungen eines anfechtenden Antragstellers dürfte dieser wohl selten selbst im Obsiegensfall (also bei Anfechtungserfolg und festgestellter Beschlussungültigkeit) Ansprüche besitzen, die Demontage durchgeführter, vielleicht aufwendiger Sanierungsmaßnahmen zu Recht fordern zu können; hier könnten Grundsätze von Treu und Glauben und auch Verpflichtungen aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis unter Miteigentümern entgegenstehen. Sein Obsiegen würde m. E. u. U. allein dazu führen, ihn von anteiligen Kosten einer solchen auf fehlender (bzw. später durch Gerichtsentscheidung ex tunc weggefallener) Beschlussgrundlage beruhenden Sanierung freizustellen bzw. - je nach Einzelfall - teilfreizustellen; insoweit müssten auch bereicherungsrechtliche Grundsätze und Fragen einer aufgedrängten Bereicherung geprüft und berücksichtigt werden.
Aus einer al...